| Veranstaltung: | Landeskonferenz der Jusos Thüringen 2025 |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 8 Antragsberatung |
| Antragsteller*in: | Jusos Erfurt (dort beschlossen am: 18.09.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Eingereicht: | 18.09.2025, 18:19 |
R2: Klartext statt Amtsdeutsch
Antragstext
Barrierefreie, verständliche Verwaltung für Thüringen
Dieser Antrag zielt auf eine rechtlich verankerte Verständlichkeitspflicht in
allen Kernverfahren von Land und Kommunen. Verwaltungsdokumente und Online-
Formulare sollen so gestaltet sein, dass Bürger:innen ohne Vorwissen verstehen,
worum es geht, was sie brauchen und wie sie den Antrag korrekt einreichen –
digital barrierefrei, sprachlich klar und ohne zusätzlichen Personalbedarf in
den Behörden. Das Land stellt dafür zentrale Text-Bausteine und Werkzeuge
bereit; die Behörden übernehmen sie mit minimalem Aufwand.
Die Jusos Thüringen fordern die SPD Thüringen sowie die SPD-Bundestagsfraktion
auf,
● eine rechtliche Verständlichkeitspflicht einzuführen, die verlangt, dass jedes
zentrale Verfahren – online wie auf Papier – am Dokumentanfang eine kurze,
leicht verständliche Übersicht enthält („Worum geht’s? Was brauche ich? Wie
reiche ich es ein?“), dass Eingabefelder mit kurzen Hilfetexten und Beispielen
erklärt werden und dass besonders häufig genutzte Verfahren zusätzlich in
Leichter Sprache angeboten werden.
● die digitale Barrierefreiheit verbindlich sicherzustellen, sodass Online-
Formulare standardmäßig vorlesbar sind, ausreichende Kontraste bieten und
vollständig per Tastatur bedient werden können; dabei sollen anerkannte
Standards (z. B. WCAG) zugrunde liegen.
● den Verwaltungen zentrale Hilfen bereitzustellen, damit kein Mehraufwand
entsteht; dazu gehören ein landesweiter Styleguide in klarer Sprache,
wiederverwendbare Mustertexte sowie ein integrierter Lesbarkeits-Check, der
Texte automatisch prüft.
● beim Start neuer oder überarbeiteter Formulare lediglich eine kurze
Selbsterklärung der Behörden zu verlangen, dass diese Bausteine verwendet
wurden, und die Qualität anschließend stichprobenartig durch die Landes-IT
prüfen zu lassen – ohne zusätzliche Vorab-Genehmigungsverfahren einzuführen.
Klartext senkt Fehler, Rückfragen und Abbrüche, beschleunigt Entscheidungen und
stärkt soziale Teilhabe—ohne zusätzliche Stellen, weil einmal zentral erstellte
Bausteine vielfach wiederverwendet werden.
Antragsbegründung
[Dieser Antrag wurde mit der Unterstützung von ChatGPT formuliert]
Ausgangslage. Viele Verwaltungsverfahren scheitern nicht am materiellen Recht, sondern an Amtsdeutsch, unklarem Aufbau und der Angst, etwas falsch zu machen. Besonders betroffen sind Menschen mit hoher Alltagsbelastung (Care-Arbeit, Schichtarbeit), geringe Lese- oder Deutschkompetenz, Neuzugewanderte sowie Personen, die formal korrekt handeln möchten, aber an unklaren Formularanweisungen scheitern. Die Folge sind Abbrüche, Fristversäumnisse, Widersprüche und ein hoher Aufwand in der Sachbearbeitung durch Rückfragen—ein klassisches Lose-Lose.
Zielbild. Eine menschenzentrierte Verwaltungssprache macht Verfahren vorhersagbar und angstfrei: Zu Beginn jedes Dokuments steht eine kurze, standardisierte Erklärung („Verständlichkeitsbox“), die Zweck, Zuständigkeit, erforderliche Unterlagen und Einreichungsweg nennt. Online werden Hilfetexte und Beispiele direkt an den Feldern eingeblendet; auf Papier befinden sie sich gut sichtbar im Dokument bzw. auf der Rückseite. Für stark nachgefragte Leistungen werden Fassungen in Leichter Sprache stufenweise eingeführt. Digital gilt Barrierefreiheit als Grundregel: Vorlese-Option, klare Kontraste, Tastaturbedienung und sinnvolle Reihenfolge der Eingabefelder senken die kognitive Last.
Wirkmechanismus. Verständlichkeit entfaltet ihre Wirkung über drei Kanäle: (1) Kognitive Entlastung (geringere Fehlangaben und Nachfragen), (2) Verfahrenssicherheit (weniger Abbrüche, schnellere Bewilligungen), (3) Vertrauen (erlebte Fairness und Transparenz). Soziale Teilhabe wird real, wenn Menschen wissen, was zu tun ist, und sehen, dass die Verwaltung ihnen das Mitmachen leicht macht.
Warum ohne Mehrpersonal machbar? Der entscheidende Hebel ist Standardisierung: Das Land erstellt und pflegt einen Styleguide mit Mustertexten, Glossar und einem automatischen Lesbarkeits-Check (im Redaktionssystem). Behörden übernehmen diese Bausteine statt neu zu schreiben. Beim Livegang genügt eine kurze Selbsterklärung, dass die Bausteine genutzt wurden; die Landes-IT führt Stichproben durch. Dadurch
entstehen keine zusätzlichen Prüfschleifen und minimaler Anpassungsaufwand vor Ort, während sich der Rückfrage- und Korrekturaufwand in der Fläche spürbar reduziert.
Rechtlicher Ansatz. Die Verständlichkeitspflicht und Barrierefreiheit werden im Landes-Digital-/E-Government-Recht klar normiert; flankierend kann eine Verwaltungsvorschrift die Umsetzung mit dem Styleguide regeln. Wichtig ist, die Pflicht output-orientiert zu formulieren (Verständlichkeit, Barrierefreiheit, Hilfetexte) und den Weg dorthin schlank zu halten (Selbsterklärung + Stichprobe statt Genehmigungsvorbehalt). So entsteht Verbindlichkeit ohne Bürokratieaufwuchs.
Finanzielle Wirkung. Ein einmaliger Aufwand für Styleguide, Mustertexte und Lesbarkeits-Check steht dauerhaft sinkenden Prozesskosten gegenüber: weniger Rückfragen, weniger fehlerhafte Anträge, kürzere Bearbeitungszeiten. Für die Kommunen bedeutet das Entlastung statt Mehrarbeit.
Abgrenzung. Der Antrag fordert keine individuelle Antrags-Assistenz und keine neuen Stellen. Es geht um bessere Tools und Texte, damit Menschen eigenständig zurechtkommen und die Verwaltung frühzeitig saubere Informationen erhält. Der Ansatz ist komplementär zu „Erinnern & Nachreichen“ (separater Antrag): Klartext verhindert Fehler am Anfang, Erinnerungs- und Heilungsmöglichkeiten fangen Restfehler am Ende auf.
Sozialpolitische Logik. Verständliche Verwaltung ist gelebte Gerechtigkeit: Wer weniger Ressourcen hat, profitiert überproportional. Gleichzeitig professionalisiert Klartext die Interaktion mit allen Bürger:innen—auch gut informierte Antragstellende arbeiten effizienter, und Sachbearbeitungen gewinnen Zeit für echte Einzelfälle.
Fazit. Mit einer schlanken gesetzlichen Pflicht zu Klartext, Hilfetexten und Barrierefreiheit—unterstützt durch zentrale Bausteine und stichprobenartige Qualitätssicherung—macht Thüringen seine Verwaltung einfacher, gerechter und schneller, ohne zusätzlichen Personalbedarf zu erzeugen. Das ist pragmatisch, demografiefest und im besten Sinne sozial.
Änderungsanträge
- Ä1 (Jusos Altenburger Land, Jusos Gera, Jusos Greiz (dort beschlossen am: 09.10.2025), Eingereicht)
