Korrektur grammatikalischer Fehler
Antrag: | Sag wer soll dich beschützen? Ostdeutsche Polizisten? - Sekundäre Viktimisierung in Polizei und Justiz bekämpfen! |
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Antragsteller*in: | Jusos Wartburgkreis |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 24.09.2024, 14:23 |
Antrag: | Sag wer soll dich beschützen? Ostdeutsche Polizisten? - Sekundäre Viktimisierung in Polizei und Justiz bekämpfen! |
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Antragsteller*in: | Jusos Wartburgkreis |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 24.09.2024, 14:23 |
Deutschland und Thüringen sind nach geltendem internationalen und nationalen Recht dazu verpflichtet, eine diskriminierungsfreie und effektive Strafverfolgung von rassistischer, antisemitischer und rechter Gewalt sicherzustellen. In der Realität sieht das für Betroffene allerdings anders aus. Sekundäre Viktimisierung ist ein strukturelles Problem in der deutschen Polizei und Justiz.
Viktimisierung ist ein Begriff, der den Prozess des “Zum-Opfer-Werdens” beschreibt. Die primäre Viktimisierung meint die “eigentliche” Schädigung durch eine Gewalt- oder andere Straftat. Die sekundäre Viktimisierung ist eine erneute, “zweite” Schädigung, die im Anschluss an die Straftat erfolgt. Dies kann zum Beispiel durch Fehlreaktionen durch das soziale Umfeld, Medienberichterstattung oder Strafverfolgungsbehörden - Polizei, Staatsanwaltschaften oder Gerichte - erfolgen. Insbesondere für Betroffene rechter Gewalt besteht ein erhöhtes Risiko für sekundäre Viktimisierung. Eine Studie des Verbandes BRG mit dem IDZ aus dem Dezember 2023 zeigte, dass die sekundäre Viktimisierung Betroffenen bei der Polizei und in der Justiz als Täter-Opfer-Umkehr, als Unterstellung von Provokation oder Zuschreiben von Mitverantwortung der Opfer an den Angriffen begegnete. Zusätzlich fiel insbesondere die lückenhafte Aufklärung der Betroffenen über ihre Rechte und Unterstützungsmöglichkeiten, die mangelnde Kommunikation mit den Betroffenen bis hin zu offenen Feindseligkeiten und teils diskriminierenden Einschüchterungen der Betroffenen auf. (»Sekundäre Viktimisierung von Betroffenen rechter, rassistischer, antisemitischer und sexualisierter Gewalt – Fokus: Polizei und Justiz« (Geschke et al. 2023))
Wenn staatliche Strafverfolgungsbehörden nicht angemessen oder fehlerhaft handeln, kann bei Betroffenen das Gefühl entstehen, der Gewalt schutz- und hilflos ausgeliefert zu sein.
Rechte Gewalt ist seit vielen Jahren im Vormarsch. Insbesondere nach der Wahlerfolgen der AfD in den vergangen Wahlen bleibt zu befürchten, dass dies einen mobilisierenden Effekt auf die rechte Szene hat, der auch die gewaltbereiten Teile der Szene umfassen könnte.
Umso wichtiger ist es, dass in diesen Zeiten die Betroffenen von rechter Gewalt bestmöglich geschützt und die Strafverfolgung hier effektiv und konsequent handelt. Um das zu ermöglichen, braucht es einen umfassenden Wandel in den Behörden.
Die Jusos Thüringen fordern, dass sekundäre Viktimisierung durch Polizei und Justiz konsequent bekämpft und rechte Gewalt durch die Strafverfolgungsbehörden lückenlos verfolgt und aufgeklärt wird.
Dafür müssen die folgenden Maßnahmen ergriffen werden:
Die Bedrohung erkennen: Rechte, rassistische, antisemitische, queerfeindliche und sexualisierte Gewalt muss als ernsthafte gesellschaftliche Bedrohung anerkannt und dementsprechend angemessen behandelt werden.
Rechte Gewalt erkennen und benennen: Insbesondere rechte Gewalt muss zuverlässig erkannt und in der strafprozessualen Aufklärung berücksichtigt werden. Dazu bedarf es umfassender Schulungen und Sensibilisierungen für Rechte Gewalt und Ideologien der Beamt:innen in Polizei und Justiz in der Ausbildung und als Fortbildungen. Nur so kann sichergestellt werden, dass rechte Straftaten verlässlicher in den zutreffenden PMK-Kriterienkatalogen erfasst, die Dunkelziffer rechter Gewalt verringert und die rechte Gewalt als gesellschaftliches Problem mit Zahlen belegbar gemacht werden kann.
Strafverfolgung verbessern und Vertrauen stärken: Um den Zugang zur Strafverfolgung von rechter Gewalt zu erleichtern, müssen bundesweit spezialisierte Beauftragte für Rassismus bei der Polizei als Ansprechpartner:innen für Betroffene geschaffen werden. Darüber hinaus braucht es Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Betroffenen von Hasskriminalität. So könnte dazu beigetragen werden, das Vertrauen der Betroffenen in Strafverfolgungsbehörden zu fördern und in den Rechtsstaat zu stärken. Durch die Bündelung in einer Schwerpunktstaatsanwaltsschaft kann eine schnellere, effizientere und mit angemessenere Expertise ausgestattete Bearbeitung der Fälle sichergestellt werden. Ein positives Beispiel und Vorbild können hier die Beauftragten für Antisemistimus in der Justiz und Polizei und die Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Hasskriminalität in Berlin, Brandenburg und Hamburg sein.
Opferrechte berücksichtigen: Betroffene stehen im Strafverfahren Opferrechte zu. Die garantieren auch den Zugang zu unabhängigen, professionellen und fachspezifischen Beratungsstellen. Damit Betroffene rechter Gewalt über ihre Rechte, Handlungsmöglichkeiten und Unterstützungsmöglichkeiten informiert und aufgeklärt werden, braucht es bessere Informationsvermittlung durch Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte an die Betroffenen. Die Informationen über diese Möglichkeiten müssen verpflichtend von den Behörden an Betroffene weitergegeben werden. Außerdem müssen flächendeckend in den Polizei-und Justizbehörden flächendeckend Informationsmaterialien in verschiedenen Sprachen angeboten werden. Außerdem muss sichergestellt werden, dass geeignete Dolmetscher:innen im Ermittlungs- und Strafverfahren zur Verfügung stehen und zugezogen werden.
Insbesondere in der Polizei muss sich zur Bekämpfung rechte Gewalt ein großer Wandel vollziehen. Deswegen fordern wir die Umsetzung folgender Maßnahmen in der Polizei:
Diskriminierungssensibeles Wissen und Kompetenzen müssen neben einer antidiskriminierenden Haltung und einer diversitätssensiblen Personalentwicklung in den Polizeibehörden Einzug finden.
Rechte Gewalt in ihren vielfältigen Formen kann nur zuverlässig als solche erkannt werden, wenn das polizeiliche Fachwissen zu rechter Gewalt, Diskriminierung und Hasskriminalität ausgeweitet und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen regelmäßig aktualisiert wird. Die aktuellen Ausbildungs- und Fortbildungsinhalte müssen entsprechend angepasst werden.
Um polizeilichem Fehlverhalten in Form von rassistischer, antisemitischer oder anderer Diskriminierung entgegenzuwirken, braucht es aussagekräftige Studien zum Ausmaß von Rassismus, Antisemitismus und rechten Einstellungen in den Polizeibehörden von Bund und Ländern. Zuzüglich dazu braucht es eine Ausweitung der Unterstützung von Forschungen zu Rassismus, Antisemitismus und deren Zusammenwirken mit anderen Formen von Diskriminierunen innerhalb der Polizei. Nur so kann das Ausmaß des Problems aufgezeigt und verstanden werden.
Es müssen in allen Bundesländern unabhängige Polizeibeauftragte und/oder Beschwerdestellen geschaffen werden. Diese müssen mit umfassenden Akteneinsichts-, Zutritts- und Zeugeneinvernahmerechten sowie Zeugnisverweigerungsrechten ausgestattet werden. Nur so können die Rechte der Betroffenen geschützt und die Beschwerden zu polizeilichem Fehlverhalten transparent und effizient bearbeitet werden. Bislang ist dies nur in 7 von 16 Bundesländern der Fall.
Es muss eine Fehlerkultur innerhalb der Polizei etabliert werden, in der Fehlverhalten und -reaktionen erkannt, aufgeklärt und aufgearbeitet werden können, um nachhaltige Veränderungen für die Zukunft zu schaffen.
In der Justiz fordern wir die Umsetzung der folgenden Maßnahmen:
Die Bundesregierung und das Bundesministerium für Justiz müssen eine ausdrückliche Ermittlungs- und Dokumentationspflicht in den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) verankern, das die Ermittlungsbehörden dazu verpflichtet, bei Verdachtsfällen potentiell rechten Tatmotiven nachzugehen und diese gegebenenfalls aktiv ausschließen zu müssen.
Um den rechtlich vorgeschriebenen Opferschutz zu gewährleisten, muss den Geschädigten und Zeug:innen in Ermittlungs- und Strafverfahren in Fällen rechter Gewalt rechtzeitig die Möglichkeit aufgezeigt und gegeben werden, statt ihrer Privatadresse eine andere ladungsfähige Anschrift zu den Akten zu geben.
Es müssen in allen Amtsgerichten barrierefrei zugängliche Zeugenschutzräume für Betroffene eingerichtet werden, die eine gerichtliche Vernehmung in einem geschützten, der Öffentlichkeit fernen Rahmen ermöglichen.
Staatsanwaltschaften und Gerichte sollen die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten konsequent nutzen, um eine effektive Strafverfolgung rechter Gewalt zu gewährleisten. Deswegen muss das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bei antisemitischen und rassistisch motivierten Körperverletzungen, sowie bei Beleidigungen, Bedrohungen und Sachbeschädigungen stets bejaht werden. Außerdem soll die Möglichkeit der Strafschärfung bei rassistischen, fremdenfeindlichen, antisemitischen und menschenverachtenden Motiven gemäß § 46 II 2 StGB konsequenter berücksichtigt werden.
Darüber hinaus fordern wir, dass Opferberatungsstellen für Betroffene rechter Gewalt eine ausgeweitete und verstetigte Finanzierung erhalten, um die hilfreiche und wertvolle Arbeit für Betroffene weiter und mit mehr Ressourcen ausführen zu können.
erfolgt mündlich.
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