Veranstaltung: | Landeskonferenz 2023 |
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Tagesordnungspunkt: | 13. Antragsberatung |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | KV Ilm-Kreis |
Beschlossen am: | 10.06.2023 |
Eingereicht: | 23.05.2023, 22:04 |
Entkriminalisierung des Rote Hilfe e.V.
Beschlusstext
Die Jusos Thüringen fordern die Entkriminalisierung des Rote Hilfe e.V. und die
Beendigung der Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Wir fordern die SPD
Thüringen dazu auf, sich dazu auf dem nächsten Landesparteitag entsprechend zu
positionieren.
Antragsbegründung
Seit Jahren wird der Rote Hilfe e.V. als linksextremer Verein vom Verfassungsschutz beobachtet und taucht regelmäßig in den Verfassungsschutzberichten des Bundes und Landes Thüringen auf. Schon allein der Hinweis auf Broschüren des Vereins reicht aus, um vom Verfassungsschutz Thüringen als „linksextrem“ gebrandmarkt zu werden. Ein Grund, den der Verfassungsschutz für die Beobachtung anführt ist die Aussageverweigerung, zu der die Rote Hilfe rät und die Tatsache, dass auch militante „Linksextremisten“ Unterstützung erhalten. Informations- und Diskussionsabende zu „Rechtshilfe“ und „staatlicher Repression“ und sogar die bloße Prozessberichterstattung des Vereins werden als „linksextreme“ Aktivitäten geführt. Damit werden Zahlen zu Aktivitäten der „linksextremen“ Szene vom Verfassungsschutz künstlich nach oben getrieben. Dies dient auch als Grundlage für die Diskreditierung von solidarischem Engagement und verhindert aktiv die Unterstützung von Betroffenen von staatlichen Repressionen. Regelmäßig werden Mitglieder des Vereins, deren Mitgliedschaft öffentlich bekannt wird, kriminalisiert. Der ehemaligen Bundesvorsitzenden der Jusos Franziska Drohsel wurde 2010 ein Amt als Stadträtin wegen ihrer früheren Mitgliedschaft im Rote Hilfe e.V. verweigert. Seit Jahren kämpfen die Jusos auf vielen Ebenen gegen die Kriminalisierung der Roten Hilfe.
„Die funktionierende Strafverteidigung ist eine Säule unseres Rechtsstaates. Wer sie und ihre Unterstützung als verfassungsfeindlich hinstellt, hat weder unser Staatsrecht, noch unsere Strafprozessordnung verstanden,“ bemerkten die Jusos angesichts eines drohenden Verbots des Vereins 2018. Sowohl das Aussageverweigerungsrecht als auch das Recht auf Hinzuziehen eines:einer Verteidiger:in gehört zu den elementaren Grundrechten unseres Rechtsstaates und ist in der Strafprozessordnung fest verankert. Jede:r Beschuldigte muss vor einer Vernehmung darauf hingewiesen werden, dass „es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen“, insbesondere wenn er „sich durch eine wahrheitsgemäße Aussage selbst belasten müsste“. Nicht nur Anwält:innen der Roten Hilfe raten ihren Mandat:innen zur Aussageverweigerung. Dies ist ein üblicher Vorgang in einem Strafverfahren.
Verfassungsrechtlich ist es auch bedenklich, dass es als kritisch angesehen wird, dass auch „militante Linksextremisten“ Unterstützung erhalten. In einem Rechtsstaat steht jeder Person unabhängig von ihrem Stand, ihrer Einstellung und ihrem Ansehen das Recht auf eine faire Verteidigung zu. In der Argumentation des Verfassungsschutzes zeigt sich ein überaus fragwürdiges Rechtsverständnis.
Der Rote Hilfe e.V.organisiert entsprechend seiner Satzung „nach ihren Möglichkeiten die Solidarität für alle, unabhängig von Parteizugehörigkeit oder Weltanschauung, die in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer politischen Betätigung verfolgt werden. Politische Betätigung in diesem Sinne ist z.B. das Eintreten für die Ziele der Arbeiter_innenbewegung, die Internationale Solidarität, der antifaschistische, antisexistische, antirassistische, demokratische und gewerkschaftliche Kampf sowie der Kampf gegen Antisemitismus, Militarismus und Krieg. (§2 der Satzung des Rote Hilfe e.V.)
Es ist eine traurige Realität, dass antifaschistisches Engagement, allem voran durch den Verfassungsschutz, kriminalisiert und verfolgt wird. Nicht zuletzt die Ereignisse am 1. Mai in Gera zeigen, wie wichtig eine juristische Unterstützung für Menschen ist, die aufgrund ihres antifaschistischen Engagements von staatlicher Repression betroffen sind. Es ist das gute Recht, sich dagegen zu schützen und zur Wehr zu setzen.
Wir fordern daher alle Genoss:innen dazu auf, sich dafür einzusetzen, den Rote Hilfe e.V. zu entkriminalisieren, zu stärken um somit die dringend notwendige Arbeit gegen staatliche Repression der strömungsübergreifenden linken Selbsthilfe zur stärken.