| Veranstaltung: | Landeskonferenz der Jusos Thüringen 2025 |
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| Tagesordnungspunkt: | 8 Antragsberatung |
| Antragsteller*in: | Jusos Erfurt (dort beschlossen am: 18.09.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Eingereicht: | 18.09.2025, 18:16 |
S4: Für eine realitätsgerechte Kriminalitätsdarstellung: Reform der Polizeilichen Kriminalstatistik
Antragstext
Die Jusos fordern:
Die Umbenennung der Thüringer “Polizeiliche Kriminalstatistik” in
“Polizeiliche Anzeigenstatistik”
Die ersatzlose Streichung der Unterteilung in “deutsche Tatverdächtige”
und “nichtdeutsche Tatverdächtige” in der neuen “Polizeiliche
Anzeigenstatistik”
Einführung von flächendeckenden Schulungen bei polizeilichen Behörden zur
Verbesserung der Datenqualität
Die Erstellung einer Thüringer Kriminalitätsstudie
In der neuen Thüringer Kriminalitätsstudie sollen unter anderem folgende
Punkte berücksichtigt werden:
Daten der neuen “Polizeiliche Anzeigenstatistik”
Einbeziehung von Dunkelfeldstudien
Einbeziehung von Analysen anderer Behörden, wie zum Beispiel der REITOX-
Jahresbericht für Deutschland, der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen
und Drogensucht zum Konsum illegaler Drogen
Polizeiliche Kontrollintensität der verschiedenen Deliktsfelder
Gesetzliche Änderungen, welche die Anzahl bestimmter Straftaten oder die
Schaffung neuer Straftatbestände beeinflussen
Demografische Entwicklungen
Einbeziehung kriminologischer Ursachenforschung zu den erfassten Daten
Erfassung und Berücksichtigung des sozioökonomischen Status der
Tatverdächtigen
Antragsbegründung
Jedes Jahr startet wieder, nach der Veröffentlichung der Polizeilichen Kriminalstatistik eine Debatte um die sogenannte “Ausländerkriminalität”. Dabei stellt diese Statistik nicht die Kriminalität, sondern nur einen Teil der eingegangenen Strafanzeigen dar. Die PKS erzeugt keine realweltliche Abbildung der Kriminalität, sondern beruht darauf, wie aufmerksam die Bevölkerung und die Polizei/Justiz für Delikte sind. Mehr Aufmerksamkeit führt in der Regel zu einem Anstieg der objektiven Kriminalität, ohne dass dies notwendigerweise eine tatsächliche Zunahme der Kriminalität abbildet. Finden mehr polizeiliche Kontrollen (u.a. auch durch politische Entscheidungen stärker gegen ein bestimmtes Delikt vorzugehen, z.B. Alkohol am Steuer, zu schnelles Fahren, „Ausländerkriminalität“) statt, so manipuliert sich die PKS in diesem Sinne selbst, da Delikte, die stärker kontrolliert werden entsprechend mehr registriert werden und letztendlich stärker in der PKS auftauchen. Durch diese Verzerrungen können insbesondere Stereotype, Vorurteile und Diskriminierung gegenüber bestimmten Personen und Gruppen entstehen, wenn zum Beispiel verstärkt „Ausländerkriminalität“ kontrolliert, registriert und anschließend medial thematisiert wird. Des Weiteren fallen unter die sogenannten “nichtdeutschen Tatverdächtigen” alle Personen, die keinen deutschen Pass besitzen. Das umfasst zum Beispiel auch Touristen, ausländische Arbeitskräfte und Menschen, welche ein Großteil ihres Lebens in Deutschland wohnen, jedoch keinen deutschen Pass haben. In der öffentlichen Debatte geht es jedoch nur um die Begrenzung der Flüchtlingszahlen, während Rechtsextreme die Statistik zur Verbreitung von Hass und Hetze nutzen. Eine wissenschaftliche Betrachtung zur Entstehung und Entwicklung von Kriminalität findet nicht statt.
