Veranstaltung: | Landeskonferenz der Jusos Thüringen 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 8 Antragsberatung |
Antragsteller*in: | KV Weimar/Weimarer Land (dort beschlossen am: 17.09.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 17.09.2025, 19:21 |
A25: Revolution Bildung – gerecht, demokratisch, solidarisch! Ein Zukunftsplan für moderne, inklusive und demokratische Schulen in Thüringen
Antragstext
Bildung ist das Fundament einer demokratischen, solidarischen und
zukunftsfähigen Gesellschaft. Unsere Schulen entscheiden maßgeblich darüber, ob
alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von Herkunft, sozialem Status oder
Bildungshintergrund der Eltern chancengerecht lernen und sich entfalten können.
Die derzeitigen Herausforderungen im schulischen Bereich in Thüringen -
Lehrkräftemangel, unzureichende Ausbildungskapazitäten, Überlastung der
Lehrkräfte, teils veraltete Curricula und mangelnde Unterstützungssysteme -
bedrohen den Bildungserfolg und verschärfen die Lage weiter. Ein Bildungssystem
aus dem letzten Jahrhundert, das in alten Strukturen stecken bleibt, führt dabei
außerdem zu einer immer stärker wachsenden sozialen Ungleichheit.
Es ist die zentrale Aufgabe der Landespolitik, wirksame Maßnahmen zu ergreifen,
um diese Missstände schnell und nachhaltig zu beseitigen. Nur mit besserer
Lehrkräftegewinnung und -bindung, konsequenter Professionalisierung, gerechter
Ressourcenausstattung und inklusiven, zeitgemäßen und pädagogischen Konzepten
und einem grundsätzlichen Umdenken können wir gewährleisten, dass Schulen Orte
der bestmöglichen Förderung und sozial-emotionalen Entwicklung werden. Ein
Angriff auf den Schulfrieden wirkt kontraproduktiv.
Die Jusos Thüringen fordert deshalb eindringlich die SPD-Landtagsfraktion, die
SPD Thüringen und die Landesregierung auf, folgende Maßnahmen voranzutreiben
bzw. zu unterstützen:
1. Lehrkräftegewinnung und -bindung verstärken
Das Lehramtsstudium soll durch Stipendienprogramme, die Ausweitung dualer
Studiengänge sowie durch praxisorientierte Forschungspraktika vielfältiger
und attraktiver gestaltet werden, um dem drastischen Lehrkräftemangel in
Thüringen nachhaltig entgegenzuwirken.
Prämien für Neueinstellungen in Mangelregionen und Mangelfächern sind
auszuweiten und dauerhaft zu sichern, um insbesondere ländliche Räume und
kritische Disziplinen besser auszustatten.
Das Programm „Unterrichtsversorgung“ muss erweitert werden, sodass nicht
mehr nur befristete Jahresverträge möglich sind, sondern auch
längerfristige Anstellungen (angehenden) Lehrkräften Perspektiven und
Planungssicherheit geben.
Quereinsteiger:innen sind gemäß ihrer Bedeutung systematisch und
angemessen honoriert einzubinden, flankiert von umfassenden Vorbereitungs-
und Begleitprogrammen, um eine hohe Unterrichtsqualität zu gewährleisten.
2. Verbesserte Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen schaffen
Die Stellen der Fachleiter:innen sind auszubauen und mit ausreichend
Personal zu besetzen, welches für die Aufgabe mit einer angemessenen
Stundenabminderung ausgestattet wird, um fachliche Anleitung und
pädagogische Begleitung auf hohem Niveau sicherzustellen.
Das Referendariat ist ortsnah und bedarfsgerecht zu gestalten; unnötige
Pendelverpflichtungen zum Seminarort sind zu vermeiden. Lehrinhalte wie
z.B. Schulrecht sollen praxisorientierter oder digital gestaltet werden.
Eine Übernahmegarantie für alle erfolgreich ausgebildeten Lehrkräfte muss
verbindlich sein, begleitet von attraktiven Einstiegsgehältern und
weiteren Anreizsystemen - ein konkretes attraktives Einstellungsangebot
des Landes sollte grundsätzlich spätestens 3 Monate vor Ende des
Referendariats vorliegen.
Bewerbungsverfahren sind zu beschleunigen und digital zu modernisieren. Es
soll außerdem geprüft werden, inwieweit Schulen ein größerer
Handlungsspielraum bei der Einstellung von neuen Lehrkräften gegeben
werden kann
Eine steuerfreie Prämie in Höhe von 1000 Euro für Referendar:innen im
ländlichen Raum soll eingeführt werden, gekoppelt an eine verpflichtende
Tätigkeit in der Region für einen definierten Zeitraum von 5 Jahren.
Das Lehramtsstudium selbst sollte in Zusammenarbeit mit den Universitäten
praxisnäher gestaltet werden, z.B. durch noch mehr Fokus auf die
fachdidaktische Ausbildung und verbindliche Praxistage im letzten Jahr des
Studiums.
3. Pädagogische Qualität und schulische Arbeitsbedingungen verbessern
Die Lehrpläne sind in einem partizipativen basisdemokratischen Prozess mit
allen relevanten Akteur:innen (Schüler:innen, Lehrkräfte, Eltern,
Universitäten) zu evaluieren und im Anschluss zu zeitgemäß reformieren.
Der Fokus soll dabei auf der individuellen Förderung, Inklusion und einer
modernen Didaktik liegen, die die Schüler:innen in den Mittelpunkt der
Lehrpläne stellt.
Die soziale und emotionale Entwicklung von Schüler:innen und die mentale
Gesundheit von Lehrkräften ist durch Ausbau von Schulsozialarbeit und
Programmen zur Förderung der Lehrer:innengesundheit systematisch zu
unterstützen.
Die Arbeitszeit von Lehrkräften muss systematisch erfasst werden. Dazu ist
die GEW eng in eine kritische Prüfung und Einführung von
Arbeitszeiterfassungssystemen einzubeziehen.
Verwaltungsassistenzen sollen an allen Schulen eingesetzt werden, damit
sich Lehrkräfte auf den Unterricht und ihre pädagogischen Aufgaben
konzentrieren können. Schulen soll dabei die größtmögliche Freiheit
gegeben werden, wie und in welchem Umfang Verwaltungsassistenzen an ihren
Schulen gewinnbringend für die Schulgemeinschaft eingesetzt werden können.
Die Ergebnisse des letzten Pilotprojektes sind schnell auszuwerten.
In enger Absprache mit den Schulleitungen sollen Vorschläge erarbeitet und
zeitnah umgesetzt werden, wie die Schulautonomie ausgeweitet werden kann.
Besonders zu berücksichtigen ist hierbei die Einstellung von Lehrkräften
und Verwaltungspersonal, damit Schulen ihren Bedarf flexibler decken
können, ohne auf die Schulämter als "Flaschenhals" angewiesen zu sein.
4. Demokratie, Bildungsbeteiligung und Investitionspriorisierung
Bildungsinvestitionen sind bei Abwägungsentscheidungen vorrangig gegenüber
anderen Haushaltsposten zu behandeln, um nachhaltige Verbesserungen zu
ermöglichen.
Die politische Bildung aller Schüler:innen muss weiter ausgebaut werden,
um demokratische Werte und Engagement zu erhöhen - auch durch eine weitere
Stärkung und strukturell erweiterte Teilhabe der
Landesschüler:innenvertretung, bzw. der Schüler:innenvertretungen
generell.
Programme zur Elternarbeit, in Zusammenarbeit mit dem Landeselternrat,
sind intensiv auszubauen, z.B. durch Elternsprechstunden,
Informationsveranstaltungen und Workshops.
Medienkompetenz ist als unverzichtbarer Bestandteil in allen Schulformen
zu fördern, um Schüler:innen für die Herausforderungen digitaler
Informationslandschaften zu wappnen.
5. Systematische Steuerung und wissenschaftliche Fundierung
Ein verpflichtender jährlicher Bildungsbericht ist im Sinne der
Qualitätssicherung einzuführen, der die Lage der Lehrkräfte, die
Ausbildungssituation von neuen Lehrer:innen und Lernbedingungen der
Schüler:innen transparent erfasst. Dieser Bericht ist unter Einbindung von
wissenschaftlicher Expertise, Schüler:innenvertretungen und Gewerkschaften
zu erstellen. Auf dessen Basis sollen jährliche Ziele formuliert werden,
die dabei helfen sollen die Bildungssituation im Land zu verbessern.
Fortbildungsangebote für Lehrkräfte zu aktuellen fachlichen und
pädagogischen Themen sind verpflichtend jährlich durchzuführen,
idealerweise als schulinterner Fortbildungstag.
Schulämter müssen personell so ausgestattet und digital so organisiert
sein, dass sie Schulen tatsächlich effizient unterstützen und flexible,
praxisnahe Personalgewinnung gewährleisten können.
6. Bildungsgerechtigkeit durch strukturelle Reformen
Erkenntnissen aus den Bildungs- und Sozialwissenschaften sollen bei
bildungspolitischen Entscheidungen Verbindlichkeit eingeräumt werden, auch
um allen Kindern einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung zu
ermöglichen.
Das System der Leistungsbewertung mit Ziffernnoten ist auf den Prüfstand
zu stellen und durch Bewertungssysteme zu ersetzen, die den Schüler:innen
einen echten Überblick über ihren individuellen Lernfortschritt geben.
Kopfnoten sind grundsätzlich abzuschaffen.
Das dreigliedrige Schulsystem soll überwunden und stattdessen eine
flächendeckende Gemeinschaftsschule (Gesamtschule) für alle Klassenstufen
von 1 bis 12 etabliert werden, um soziale Segregation zu verhindern und
echte Chancengerechtigkeit zu schaffen.
Antragsbegründung
Erfolgt mündlich.