Veranstaltung: | Landeskonferenz der Jusos Thüringen 2025 |
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Antragsteller*in: | Jusos Altenburger Land, Jusos Gera, Jusos Greiz (dort beschlossen am: 11.09.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 17.09.2025, 09:19 |
A13: Projektwochenende Verteidigungspolitik – Jusos entwickeln Perspektiven.
Antragstext
Die Jusos Thüringen fordern ein Projektwochenende auf Bundesebene zum Thema
Verteidigungspolitik. Aus diesem Wochenende soll eine tragfähige Position der
Bundesjusos entstehen, welche sich mit den rasanten sicherheits- und
verteidigungspolitischen Veränderungen der letzten Jahre beschäftigt und als
Jugendverband einen klaren Blick auf ein immer präsenteres Thema für unsere
Generation gibt.
Als Jusos können wir uns zurzeit auf zwei Positionierungen beziehen, welche
reflektiert und auf den aktuellen Stand gebracht werden müssen: Der INI 01
„Zeitenwende aber Richtig“ vom Bundeskongress 2022, in dem die aktuelle
Ausrichtung der Jusos nach Beginn des Ukraine-Krieges umrissen wird und der W4
„Zwangsdienste abschaffen und Freiwilligendienste ausbauen!“ vom Bundeskongress
2010, als die Jusos sich zuletzt zur Abschaffung der Wehrpflicht positionierten.
Hierbei müssen aus unserer Sicht – unter dem Gesichtspunkt der von
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius angekündigten Kriegstüchtigkeit 2029
– folgende Themen debattiert werden:
Der aktuelle Diskurs zum Aufbau einer Reserve – also um den freiwilligen
Wehrdienst, das schwedische Modell und Wehrpflicht – muss auf den Prüfstand, um
eine gemeinsame Position zu erarbeiten. Reflektieren wir die aktuelle Regelung,
nach der für freiwillig Wehrdienstleistende, trotz Kündigung, eine Dienstpflicht
für 6 Wochen besteht. Entwickeln wir Ideen, mit denen falsche Erwartungen an das
Ableisten eines Dienstes reduziert werden – wie wäre es denn mit einem
mehrtägigen Schnupperdienst? Ist die Altersgrenze von 18 Jahren zeitgemäß, wenn
doch die meisten unter 32 nicht mehr von der Wehrpflicht betroffen waren? Und wo
wir schon dabei sind: Was ist mit der Wehrgerechtigkeit zwischen den
Geschlechtern?
Zum anderen sollten Ideen zum tatsächlichen Aufwuchs des Personals der
Bundeswehr abgewogen werden, um der aktuellen Tendenz, Personal über längere
Vertragslaufzeiten zu binden, eine echte Steigerung der Attraktivität
entgegenzusetzen.
Außerdem mangelt es uns an einer glaubhaften Positionierung zum ehemaligen
Wehrersatzdienst, welcher in Konkurrenz zu aktuellen Modellen wie dem
Bundesfreiwilligendienst, Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und Freiwilliges
Ökologisches Jahr (FÖJ) stehen würde.
Doch neben der aktuellen Debatte stehen weiter die bekannten Themen: Mit welchen
Maßnahmen kann die Unterwanderung durch Rechtsextremist:innen trotz steigender
gesellschaftlicher Akzeptanz verhindert werden? Wie können on- und offline
Aktivitäten fremder Nachrichtendienste in Deutschland bestmöglich unterbunden
und behindert werden, ohne dabei die eigene Bevölkerung zu schikanieren?
Auch zu Rüstungsausgaben, Koordination mit den europäischen Partner:innen bei
Beschaffung und Entwicklung, Schutz und Ausbau von kritischer Infrastruktur,
Zivil- und Katastrophenschutz, sollten Positionen bei dieser Gelegenheit auf
Aktualität überprüft werden.
Begründung
Der Ukraine-Krieg und die zunehmende Verantwortung, die Deutschland als NATO-Mitglied unter anderem mit der Brigade in Litauen übernimmt, verändern für junge Menschen in Deutschland mehr als für Alte. Plötzlich wird für 2029 die Kriegstüchtigkeit für Deutschland ausgerufen, die Wiedereinführung der Wehrpflicht als reale Möglichkeit diskutiert und ein frühzeitiger Beschluss als Maßnahme bei Versagen der Freiwilligkeit kann nur durch hohen Druck auf dem Bundesparteitag verhindert werden.
Die letzte abgestimmte Position, die die Jusos dazu beschlossen haben, ist direkt nach Beginn des Ukraine-Krieges entstanden, zuvor wurde 2010 etwas zum Wehrdienst beschlossen. In den drei Jahren seit Kriegsbeginn hat sich die gesellschaftliche Stimmung massiv verändert. Plötzlich halten diejenigen, die es nicht mehr betrifft, eine Wehrpflicht wieder für angemessen. Während Kriegstüchtigkeit und massive Investitionen ausgerufen werden, werden Betroffene Mal wieder nicht ausreichend gehört. Auch innerhalb der Jusos betrifft die aktuelle Debatte in der Realität nur die Wenigsten – diejenigen, welche unter der Altersgrenze von 18 Jahren sind, wenn die Wehrpflicht in Kraft tritt. Alle anderen könnten sich weiter ohne Zwang freiwillig melden und somit „entspannt zurücklehnen“. Doch genau das dürfen wir als Interessenvertretung für junge Menschen innerhalb der SPD nicht tun. Mit Betroffenen, Expert:innen und unter Berücksichtigung der aktuellen sicherheits- und verteidigungspolitischen Entwicklungen sollte ein durchdachtes Konzept erarbeitet werden, welches natürlich in den kommenden Jahren weiter reflektiert werden muss.
Mit Trump als US-Präsident nimmt Deutschland innerhalb der NATO eine gewichtigere Rolle ein und der Fokus zentriert sich auf Europa – dies gilt jedoch nicht für die Beschaffung, bei der weiterhin auch US-Unternehmen Großaufträge abräumen. Auch die Abstimmung mit unseren wichtigsten Partnernationen, was die Ausrüstung und Ausbildung an Systemen von Nationen, die im Verteidigungskonzept der NATO gemeinsam in ähnlichen Abschnitten aktiv sind, sollte zunehmend eine Rolle spielen. Die massiven Investitionen in Rüstung bringen Deutschland und die NATO nur weiter, wenn wir in unserem Verständnis als Transitland auch in unser Straßen- und Schienennetz sowie in unsere Häfen und Flughäfen investieren können. Auch unsere zivile Infrastruktur ist keinesfalls ausreichend für einen ernsthaften Bevölkerungsschutz. Der Grad zwischen der von Pistorius geforderten Verteidigungsfähigkeit zur glaubwürdigen Abschreckung und einem von Lobbyinteressen eskalierten und vom Kapitalismus getriebenen Wettrüsten, sollte aus der Perspektive eines pazifistischen Jugendverbandes beleuchtet werden.
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