Veranstaltung: | Landeskonferenz der Jusos Thüringen 2025 |
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Antragsteller*in: | Jusos Jena (dort beschlossen am: 04.09.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 17.09.2025, 08:08 |
A12: Leben retten und Drogenprävention verbessern - Drug Checking in Thüringen fortsetzen und ausbauen
Antragstext
Für eine zeitgemäße und konsument:innenschützende Drogenpolitik in Thüringen –
Drug Checking als zentrale Säule der Prävention
Die Jusos Thüringen fordern:
Das Land Thüringen soll das laufende ALIVE-Projekt dauerhaft finanziell
absichern und dessen Kapazitäten in Personal, Ausstattung und mobile
Angebote ausweiten.
Die Mittelfristige Etablierung von flächendeckenden und niedrigschwelligen
Drug Checking angeboten - Thüringenweit. Einrichtungen der Suchthilfe und
Suchtprävention sollten bestenfalls mit Möglichkeiten zum Drug Checking
und sicheren Konsumräumen ausgestattet werden.
Thüringen soll sich im Bundesrat und über seine Vertretung in der EU dafür
einsetzen,dass rechtliche Grundlagen für ein dauerhaftes Drug Checking
geschaffen werden, nicht nur als bloße Modellprojekte. Dies bezieht sich
nicht nur auf die Erlaubnis zur Durchführung, es muss auch die
rechtssichere Beschaffung von Grundsubstanzen zur Analyse gewährleistet
werden.
Das Land Thüringen soll eine Landes Präventions- und Gesundheitsstrategie
entwerfen, bei der auch Drug Checking mit verpflichtender Beratung und
Aufklärung zum Safe-Use als wichtiges Element berücksichtigt wird.
- Das Land Thüringen wird beauftragt, eine landesweite
Drogenberichterstattung als Frühwarnsystem zu etablieren,
weiterzuentwickeln und regelmäßig fortzuführen.
Begründung
Drug Checking rettet Leben – und spart Kosten
Drug Checking ist eine international anerkannte Maßnahme der Schadensminimierung in der Drogenpolitik. Konsumierende erhalten durch die Analyse ihrer Substanzen verlässliche Informationen über Wirkstoffgehalt, gefährliche Streckmittel und Verunreinigungen. Diese Transparenz ermöglicht es, riskantes Konsumverhalten zu reduzieren, den Konsum gänzlich zu unterlassen oder Dosierungen anzupassen.
Dadurch sinkt das Risiko von Überdosierungen, akuten Vergiftungen und Langzeitschäden erheblich. Jede verhinderte Notaufnahme, jeder vermiedene Intensivstationsaufenthalt und jede vermiedene Langzeitbehandlung bedeutet nicht nur menschliches Leid zu verhindern, sondern auch eine erhebliche Entlastung des Gesundheitssystems. Internationale Studien zeigen, dass die Kosten für Drug Checking um ein Vielfaches geringer sind als die Folgekosten unbehandelter oder unerkannt riskanter Konsummuster.
Besseres Tracking gefährlicher Substanzen
Drug Checking leistet nicht nur individuelle Aufklärung, sondern auch kollektiven Gesundheitsschutz: Die Analyseergebnisse schaffen eine Datenbasis, mit der gefährliche Substanzen oder stark überdosierte Präparate frühzeitig erkannt werden können. Werden im Rahmen der Testung hochgefährliche Stoffe wie Fentanyl oder synthetische Cathinone festgestellt, können Gesundheitsbehörden und Präventionsstellen gezielte Warnungen aussprechen und in akuten Fällen gezielt aufklären.
Zudem helfen die erhobenen Daten der Suchthilfe, Präventionsarbeit gezielter zu steuern und Trends im Substanzkonsum früh zu erkennen. Im medizinischen Ernstfall können Ärzt:innen dank dieser Informationen schneller und passgenauer behandeln, was die Überlebenschancen Betroffener deutlich erhöht.
Die Fentanyl-Krise erreicht Europa
In Nordamerika hat die Verbreitung synthetischer Opioide – allen voran Fentanyl – in den vergangenen Jahren zu einer massiven Gesundheitskrise geführt. Die extreme Potenz dieser Substanzen führt dazu, dass schon kleinste Mengen tödlich sein können. Die Substanzen werden häufig ohne Wissen der Konsumierenden beigemischt, insbesondere zu Kokain, Heroin oder gefälschten Medikamenten.
Inzwischen liegen auch aus Europa erste Nachweise von Fentanyl in Straßenproben vor. Damit steigt das Risiko tödlicher Überdosierungen auch hierzulande. Ein funktionierendes Drug-Checking-System kann in solchen Fällen zum Lebensretter werden, indem es gefährliche Chargen früh identifiziert, vor deren Konsum warnt und Menschen im Zweifel vom Konsum abhält.
Wissenschaftliche Evidenz stärkt das ALIVE-Projekt
Das Thüringer ALIVE-Projekt wird wissenschaftlich von der Charité begleitet. Die begleitende Studie liefert zentrale Erkenntnisse: Drug Checking führt nicht zu einem Anstieg des Konsums, sondern wirkt im Gegenteil als Türöffner für Prävention. Die Nutzer:innen der Angebote setzen sich intensiver mit ihrem Konsum auseinander, passen ihr Verhalten an oder verzichten vollständig auf riskante Substanzen. Gleichzeitig erhöht sich die Bereitschaft, Beratungs- und Unterstützungsangebote wahrzunehmen.
Dies bestätigt Erfahrungen aus anderen Ländern wie der Schweiz oder den Niederlanden, wo Drug Checking seit Jahren erfolgreich eingesetzt wird. Das ALIVE-Projekt ist damit nicht nur eine sinnvolle Ergänzung zur bestehenden Präventionslandschaft, sondern ein Modellprojekt mit belegtem Nutzen, das in Thüringen fortgeführt und ausgebaut werden muss.
Rechtliche Hürden abbauen – Schweizer Modell als Vorbild
Drug Checking ist in Deutschland derzeit rechtlich nur im Rahmen von Modellprojekten möglich, die näheren Regelungen werden durch Verordnungen der Länder geregelt, diese sind in Teilen noch gar nicht vorhanden oder unausgereift. Die Schweiz zeigt seit Jahren, dass Drug Checking mit direkter Probenannahme durch Fachpersonal, klaren Qualitätsstandards und begleitender Beratung rechtssicher und wirksam umgesetzt werden kann. Deutschland sollte diesem Beispiel folgen und Drug Checking vollständig legalisieren.
Darüber hinaus müssen notwendige Grundsubstanzen für Analyseverfahren von der EU-Sprengstoffverordnung ausgenommen werden, da diese Regelung die Durchführung von Drug Checking unnötig erschwert und damit dem Gesundheitsschutz zuwiderläuft. Besonders Grundsubstanzen wie Schwefelsäure sind hier problematisch. Es muss eine rechtliche Grundlage geschaffen werden, damit diese Substanzen Beispielsweise von entsprechenden Testkit Herstellern benutzt werden können.
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