Antrag: | Das Patriarchat kotzt uns an! |
---|---|
Antragsteller*in: | KV Ilm-Kreis (dort beschlossen am: 07.06.2023) |
Status: | Abgelehnt |
Eingereicht: | 08.06.2023, 23:49 |
Ä4 zu Q1: Das Patriarchat kotzt uns an!
Antragstext
Von Zeile 81 bis 82:
Mehr Hürdenabbau für FINTA*s in Männer dominierendenmännderdominierten Berufszweigen mit dem Ziel 30 % FINTA*-Personen in allen Berufen; auch sollen Männer dazu ermutigt werden, bislang FINTA*-dominierte Berufe zu ergreifen.
Die Jusos Thüringen fordern Politik und Entscheidungsträger:innen auf allen
Ebenen auf, sich für intersektionale queerfeministische Umverteilung
einzusetzen, damit wir endlich die Ungerechtigkeit, gegen die FINTA*, BIPoC und
queere Personen konstant ankämpfen müssen, beseitigen können. Wenn wir warten,
bis sich das Geld und die Ressourcen von selber umverteilen, werden höchstens
unsere Ururenkelkinder etwas davon abhaben – das dauert uns zu lang! Daher muss
die Politik eingreifen und die Weichen stellen für eine gerechtere Gesellschaft,
statt bestehende Ungleichheiten weiterhin zu tolerieren und zu unterstützen.
Die Forderung ist einfach und revolutionär zugleich: die Lebensrealitäten von
Menschen, die nicht der weißen-hetero-cis-männlichen Norm entsprechen, müssen
einen GLEICHWERTIGEN Platz am Tisch haben, sie müssen den gleichen Zugang zu
Ressourcen haben und ein bedingungsloser Teil des politischen Prozesses sein.
Queerfeministische Umverteilung umfasst die konkrete Umverteilung von Geldern,
aber auch von allen anderen Ressourcen, die dem Staat und
Entscheidungsträger:innen zur Verfügung stehen.
In diesem Antrag formulieren wir in diesem Sinne Forderungen für einige
politische Bereiche, doch diese umfassen noch lange nicht alles, was nötig und
möglich ist.
Gender Care Gap- kotzt uns an!
In Deutschland leisten Frauen täglich 87 Minuten mehr unbezahlte Sorgearbeit als
Männer. Dabei bleiben, häufig im Sinn eines antiquierten Rollen- und
Geschlechterbildes, viele alltägliche Aufgaben an FINTA*-Personen hängen.
Bei der Inanspruchnahme von Elternzeit gibt es weitere gravierende Unterschiede
zwischen den Geschlechtern. Nur 26 % der Elterngeldbeziehenden sind männlich.
Weiterhin nehmen Männer 3,6 Monate und Frauen 14,6 Monate Elternzeit in
Anspruch. Es wird deutlich: Kindererziehung wird weiterhin nicht
gleichberechtigt zwischen den Geschlechtern aufgeteilt.
Alleinerziehende stehen vor kaum zu bewältigenden Herausforderungen. Für sie ist
es besonders schwer, Care- und Erwerbsarbeit zu vereinbaren. Sie sind von
besonderen Armutsrisiken betroffen und überdurchschnittlich häufig auf
Aufstockleistungen angewiesen.
Und damit nicht genug. Auch im Bereich der Pflege von Angehörigen sind 60 % der
Pflegenden Frauen.
Care-Arbeit umfasst nicht nur Erziehungs- oder Pflegearbeit, sondern auch die
Arbeit, die FINTA*s z.B. in ihren Beziehungen oder in ihrem Sexleben leisten
müssen - bei der Verhütung zum Beispiel wird wieder mal die Verantwortung oft
FINTA*-Personen auferlegt. Für biologisch weibliche Körper sind zahlreiche
Verhütungsmittel auf dem Markt, die viel Aufwand, psychische Belastung und
Nebenwirkungen mit sich bringen. Dagegen ist nach wie vor für biologisch
männliche Körper nur das Kondom verfügbar. Das trägt zur Zementierung der
weiblichen Verantwortung im Bereich Verhütung wesentlich bei.
Zu einer nachhaltigen Überwindung dieser Ungerechtigkeiten fordern wir:
Auskömmliche Finanzierung der Erforschung von Verhütungsmitteln für
Männer;
Die Schaffung von verbesserten Voraussetzungen für eine gleichberechtigte
Inanspruchnahme von Elternzeit und -geld, zum Beispiel indem das 12+2
Modell auf 7+7 geändert wird;
Umfassende Kinderbetreuungsangebote und die Einführung der
Kindergrundsicherung, um
Armutsrisiken von Familien abzuwenden;
Bildungsangebote zur gerechten Verteilung von Care-Arbeit in Schule und
Erwachsenenbildung.
https://de.statista.com/infografik/24835/anteil-der-vaeter-in-deutschland-die-
elterngeld-beziehen/
https://www.swr.de/wissen/neue-verhuetungsmethoden-fuer-maenner-100.html
Gender Pay Gap und Männergremien – kotzen uns an!
2022 haben FINTA*s pro Stunde im Schnitt 18 % weniger verdient als Männer und
selbst mit einem bereinigten Gender Pay Gap, also mit vergleichbaren
Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien wie Männer, waren es immer
noch 7 %. Das ist weder fair noch länger in irgendeiner Form hinnehmbar!
Was der unbereinigte Gender Pay Gap auch zeigt, ist die totale
Unterrepräsentation von FINTA*s in höheren Positionen, die zugleich eine bessere
Bezahlung mit sich bringen. Auch wenn die seit 2016 eingeführte
Geschlechterquote in börsennotierten Unternehmen greift und mittlerweile der
Anteil von FINTA*s von 10,2 % auf 35,2 % in den 105 deutschen Aufsichtsräten
gestiegen ist, ist das lange noch nicht annähernd zufriedenstellend.
Der Gender Pay Gap und der noch immer absurd hohe Männerüberschuss in
Aufsichtsräten und generell in quasi allen wichtigen Gremien steht im
Widerspruch zur der im Grundgesetz verankerten Gleichberechtigung und muss –
wenn es aus der Gesellschaft bzw. Wirtschaft heraus nicht funktioniert –
politisch mit allen Mitteln bekämpft werden! (Der Markt regelt immer noch einen
Scheiß!)
Daher fordern wir:
Erhöhung der Geschlechterquote in den Aufsichtsräten börsennotierter und
paritätisch mitbestimmender Unternehmen von 30 auf 50 %;
Mehr Hürdenabbau für FINTA*s in Männer dominierendenmännderdominierten Berufszweigen mit dem
Ziel 30 % FINTA*-Personen in allen Berufen; auch sollen Männer dazu ermutigt werden, bislang FINTA*-dominierte Berufe zu ergreifen.
Alle Listen für öffentliche ehren- und hauptamtliche Wahlen müssen „weich“
paritätisch quotiert werden; d.h., dass Listen paritätisch besetzt werden,
solange entsprechende Kandidat*innen zur Verfügung stehen;
Alle Vorstände in der SPD – von Ortsverein über Kreis-, Landes- und
Bundesverband über Arbeitsgemeinschaften und Co – müssen wenn irgendwie
möglich zu mindestens 50 % mit FINTA*s besetzt sein.
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/01/PD23_036_621.html
https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-aufsichtsraete-die-quote-greift-
4461.htm
https://www.bmfsfj.de/quote/daten.html
Gender Wealth Gap - kotzt uns an!
Es ist kein Wunder, dass FINTA*s in Deutschland (und in der Welt) weniger
Vermögen haben als Männer. Es ist das Ergebnis davon, dass FINTA*s bei gleicher
Arbeit schlechter bezahlt werden (Gender Pay Gap), eher in Teilzeit arbeiten,
eher Care-Arbeit übernehmen (Gender Care Gap), und eher in schlechter bezahlten
Berufen arbeiten. FINTA*-Personen können daher weniger Vermögen aufbauen und
sind daher stärker von Armut und Altersarmut betroffen.
Um die bestehenden wirtschaftlichen Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern
anzugehen und eine gerechtere Verteilung von Vermögen zu erreichen, braucht es
daher eine Vermögenssteuer! Die, die reich sind, dürfen nicht auf Kosten der
bestehenden Ungleichheiten weiter reich bleiben, während die gleichen Umstände
immer mehr Menschen und vor allem FINTA*s in Armut drängt. Die Einnahmen der
Vermögenssteuer müssen investiert werden durch Programme und Initiativen, die
die wirtschaftliche Stärkung von FINTA*s unterstützen und ihre finanzielle
Unabhängigkeit sicherstellen. Das kann zum Beispiel finanzielle Unterstützung
für alleinerziehende Elternteile und den Ausbau von sozialen Sicherungsnetzen
wie die Grundrente umfassen, wie auch Investitionen in Bildung und Ausbildung,
und Unternehmensgründungen von FINTA*s. Daneben müssen die Einnahmen aus der
Vermögenssteuer auch direkt umverteilt werden als Grunderbe an junge Menschen.
Eine Vermögenssteuer und das Grunderbe wäre ein Schritt in Richtung einer
inklusiveren und gerechteren Gesellschaft, in der FINTA*s gleiche
wirtschaftliche Chancen und Ressourcen haben.
https://www.ipg-journal.de/rubriken/wirtschaft-und-
oekologie/artikel/umverteilen-um-zu-wachsen-6615/
https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-vermoegen-frauen-fallen-weiter-
zurueck-9700.htm
Gender Health Gap – kotzt uns an!
Auch die Medizin ist historisch männlich, und die Auswirkungen davon auf das
Leben von FINTA*s sind bis heute spürbar. Wegen Vorurteilen gegen FINTA*s, vor
allem gegen BIPoC-FINTA*s, werden ihre Schmerzen und Leiden oft nicht ernst
genommen. Krankheiten werden nicht erkannt, betroffene Patient:innen erhalten
nicht die Pflege, die sie benötigen. Oft müssen FINTA*s daher mehrfach in die
Praxis um eine angemessene Versorgung einzufordern. Dies belastet nicht nur die
betroffenen Patient:innen und verschlimmert ihr Leiden, sondern belastet auch
das Gesundheitssystem.
Ein weiterer Punkt betrifft die Unterschiede zwischen biologisch weiblichen zu
biologisch männlichen Körpern. Studien werden überwiegend an biologisch
männlichen Körpern durchgeführt, was dazu führt, dass Medikamente und
Krankheitsdiagnostiken oft nicht auf biologisch weibliche Körper zugeschnitten
sind. Dies kann unerwartete Nebenwirkungen von Medikamenten verursachen oder
dazu führen, dass Krankheiten bei biologisch weiblichen Körpern nicht erkannt
werden.
Hinzu kommt noch die altbekannte Forderung, die immer noch nötig ist: die
Kriminalisierung von Abtreibungen muss endlich abgeschafft werden! Menschen, die
Kinder bekommen können, müssen selber entscheiden können, ob und wann sie ein
Kind austragen möchten. Zugang zu Abtreibungen muss allen Menschen mit Uterus
bedingungslos und flächendeckend zur Verfügung stehen.
Wir fordern:
Integration unterschiedlicher Krankheitsbilder im Medizinstudium und in
Fortbildungen, um das Bewusstsein für geschlechtsspezifische
Gesundheitsfragen zu schärfen;
Bereitstellung von mehr Forschungsmitteln für Krankheiten, die
hauptsächlich biologisch weibliche Körper betreffen, um die Diagnose,
Behandlung und Prävention dieser Erkrankungen zu verbessern;
Verpflichtende Durchführung von Studien an biologisch weiblichen Körpern,
um eine angemessene Berücksichtigung der geschlechtsspezifischen
Unterschiede zu gewährleisten; Medikamente und Therapieansätze sollten
besser auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Patient:innen abgestimmt
werden;
Abschaffung § 218 StGB und barrierearmen und kostenlosen Zugang zu
Abtreibungen, egal ob in der Stadt oder auf dem Land.
https://editionf.com/gender-health-gap-was-ist-das-eigentlich/
https://www.fluter.de/gender-health-gap-kurz-erklaert
Stadt & Mobilität für Männer – kotzt uns an!
Viel zu lang war der Staat männlich: in den Kommunen, im Land, im Bund (und
nein, 16 Jahre Merkel ändern daran nicht viel). Dementsprechend wurde in
Männeranliegen investiert. Die Konsequenz: FINTA*s, BIPoCs und queere Menschen
fühlen sich in den geschaffenen Strukturen nicht sicher und sind auch nicht
sicher, wie Daten es immer wieder belegen.
Das muss ein Ende haben! Unsere Städte und Kommunen müssen die Lebensrealität
ALLER in den Blick nehmen und in die Bedürfnisse aller Einwohnenden investieren.
Das heißt: Städte, Dörfer und Mobilität müssen queerfeministisch und
intersektional geplant werden. Dazu müssen FINTA*s, BIPoCs und queere Menschen
mit an den Tisch und in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Es sind
UNSERE Lebensräume, wir ALLE wollen und müssen an der Gestaltung teilhaben!
Um das umzusetzen, fordern wir partizipative Mobilitäts- sowie Kommunalplanung
und eine ausgeglichene Vertretung aller Interessensgruppen in den zuständigen
Gremien. Bei Datenerhebungen müssen die Perspektiven und unterschiedlichen
Lebensrealitäten der betroffenen Gruppen berücksichtigt und angemessen
dargestellt werden.
Verherrlichung von Männern im öffentlichen Raum – kotzt uns an!
Wie viele Straßennamen mit FINTA*-Personen in deinem Dorf oder Viertel kennst
du? Und wie viele Statuen hast du schon gesehen, bei denen keine Männer auf
Sockeln thronen? Richtig: eindeutig viel zu wenige!
Aber um das Geschlechterverhältnis bei Straßennamen sowie Denkmälern bzw.
Statuen annähernd auszugleichen, müssen wir sofort handeln und dürfen keine
weiteren neuen männlichen Heldenverehrungen zulassen. Es bedarf sogar eines
weiteren Schrittes: Männer, die bei der Durchführung von kolonialen und
sklavereibezogenen oder anderweitig menschenfeindlichen Unrechts aktiv oder
duldend beteiligt waren, müssen sofort aus dem öffentlichen Raum verschwinden
und durch FINTA*s ersetzt werden. Alle Orte des Gedenkens an Männer durch
Namensgebungen und optische Darstellungen dieser müssen unter die Lupe genommen
werden und unverzüglich ersetzt werden, sollten sie durch ihre Handlungen nicht
mehr geeignet sein, solch eine Ehrung zu erfahren. Der öffentliche Raum gehört
allen und es ist endlich an der Zeit, FINTA*s mindestens genauso sichtbar zu
machen wie die vermeintlich ehrenhaften Männer, die an jeder Ecke weiterleben.
Globale Ungerechtigkeit – kotzt uns an!
Weltweit gesehen ist die Not nach Umverteilung noch viel ausgeprägter als in
Deutschland. Nicht nur die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern muss bekämpft
werden, auch das koloniale Erbe von Europa hat zu starkem wirtschaftlichen
Ungleichgewicht zwischen dem Globalen Süden und dem Globalen Norden geführt.
Hinzukommt die Klimakatastrophe: hauptsächlich verursacht durch den Globalen
Norden, und hauptsächlich ausgebadet (manchmal im wörtlichen Sinne) im Globalen
Süden. FINTA*s und marginalisierte Gruppen sind überproportional von Armut
betroffen. Gleichzeitig tragen sie oft die Hauptlast der Klimakatastrophe, sei
es durch Wasserknappheit, Ernteausfälle oder den Verlust von Wohnraum aufgrund
von Naturkatastrophen. Für eine internationalistische queerfeministische
Umverteilung muss Klimagerechtigkeit eine Priorität sein. Dies bedeutet, dass
Länder und Gemeinschaften, die am wenigsten zur globalen Erwärmung beigetragen
haben, angemessen unterstützt werden, um sich an den Folgen des Klimawandels
anpassen zu können. Hierfür müssen Konzepte wie die Feministische Außenpolitik
und Feministische Entwicklungspolitik weiterentwickelt werden und mit Leben
gefüllt werden, damit sie nicht nur bloße politische Worthülsen bleiben. Das
heißt, neben einer breit gefächerten Unterstützung der Betroffenen auf
Augenhöhe, auch, dass wir in Deutschland und Europa uns unserer Verantwortung
bewusst werden und Konsequenzen aus der Klimakatastrophe ziehen müssen, damit es
zu einer wirklichen Umverteilung kommen kann.
Sonstige Links:
https://www.fes.de/themenportal-gender-jugend/internationaler-frauentag-
2022/gender-gaps
Von Zeile 81 bis 82:
Mehr Hürdenabbau für FINTA*s in
Männer dominierendenmännderdominierten Berufszweigen mit dem Ziel 30 % FINTA*-Personen in allen Berufen; auch sollen Männer dazu ermutigt werden, bislang FINTA*-dominierte Berufe zu ergreifen.
Die Jusos Thüringen fordern Politik und Entscheidungsträger:innen auf allen
Ebenen auf, sich für intersektionale queerfeministische Umverteilung
einzusetzen, damit wir endlich die Ungerechtigkeit, gegen die FINTA*, BIPoC und
queere Personen konstant ankämpfen müssen, beseitigen können. Wenn wir warten,
bis sich das Geld und die Ressourcen von selber umverteilen, werden höchstens
unsere Ururenkelkinder etwas davon abhaben – das dauert uns zu lang! Daher muss
die Politik eingreifen und die Weichen stellen für eine gerechtere Gesellschaft,
statt bestehende Ungleichheiten weiterhin zu tolerieren und zu unterstützen.
Die Forderung ist einfach und revolutionär zugleich: die Lebensrealitäten von
Menschen, die nicht der weißen-hetero-cis-männlichen Norm entsprechen, müssen
einen GLEICHWERTIGEN Platz am Tisch haben, sie müssen den gleichen Zugang zu
Ressourcen haben und ein bedingungsloser Teil des politischen Prozesses sein.
Queerfeministische Umverteilung umfasst die konkrete Umverteilung von Geldern,
aber auch von allen anderen Ressourcen, die dem Staat und
Entscheidungsträger:innen zur Verfügung stehen.
In diesem Antrag formulieren wir in diesem Sinne Forderungen für einige
politische Bereiche, doch diese umfassen noch lange nicht alles, was nötig und
möglich ist.
Gender Care Gap- kotzt uns an!
In Deutschland leisten Frauen täglich 87 Minuten mehr unbezahlte Sorgearbeit als
Männer. Dabei bleiben, häufig im Sinn eines antiquierten Rollen- und
Geschlechterbildes, viele alltägliche Aufgaben an FINTA*-Personen hängen.
Bei der Inanspruchnahme von Elternzeit gibt es weitere gravierende Unterschiede
zwischen den Geschlechtern. Nur 26 % der Elterngeldbeziehenden sind männlich.
Weiterhin nehmen Männer 3,6 Monate und Frauen 14,6 Monate Elternzeit in
Anspruch. Es wird deutlich: Kindererziehung wird weiterhin nicht
gleichberechtigt zwischen den Geschlechtern aufgeteilt.
Alleinerziehende stehen vor kaum zu bewältigenden Herausforderungen. Für sie ist
es besonders schwer, Care- und Erwerbsarbeit zu vereinbaren. Sie sind von
besonderen Armutsrisiken betroffen und überdurchschnittlich häufig auf
Aufstockleistungen angewiesen.
Und damit nicht genug. Auch im Bereich der Pflege von Angehörigen sind 60 % der
Pflegenden Frauen.
Care-Arbeit umfasst nicht nur Erziehungs- oder Pflegearbeit, sondern auch die
Arbeit, die FINTA*s z.B. in ihren Beziehungen oder in ihrem Sexleben leisten
müssen - bei der Verhütung zum Beispiel wird wieder mal die Verantwortung oft
FINTA*-Personen auferlegt. Für biologisch weibliche Körper sind zahlreiche
Verhütungsmittel auf dem Markt, die viel Aufwand, psychische Belastung und
Nebenwirkungen mit sich bringen. Dagegen ist nach wie vor für biologisch
männliche Körper nur das Kondom verfügbar. Das trägt zur Zementierung der
weiblichen Verantwortung im Bereich Verhütung wesentlich bei.
Zu einer nachhaltigen Überwindung dieser Ungerechtigkeiten fordern wir:
Auskömmliche Finanzierung der Erforschung von Verhütungsmitteln für
Männer;
Die Schaffung von verbesserten Voraussetzungen für eine gleichberechtigte
Inanspruchnahme von Elternzeit und -geld, zum Beispiel indem das 12+2
Modell auf 7+7 geändert wird;
Umfassende Kinderbetreuungsangebote und die Einführung der
Kindergrundsicherung, umArmutsrisiken von Familien abzuwenden;
Bildungsangebote zur gerechten Verteilung von Care-Arbeit in Schule und
Erwachsenenbildung.
https://de.statista.com/infografik/24835/anteil-der-vaeter-in-deutschland-die-
elterngeld-beziehen/
https://www.swr.de/wissen/neue-verhuetungsmethoden-fuer-maenner-100.html
Gender Pay Gap und Männergremien – kotzen uns an!
2022 haben FINTA*s pro Stunde im Schnitt 18 % weniger verdient als Männer und
selbst mit einem bereinigten Gender Pay Gap, also mit vergleichbaren
Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien wie Männer, waren es immer
noch 7 %. Das ist weder fair noch länger in irgendeiner Form hinnehmbar!
Was der unbereinigte Gender Pay Gap auch zeigt, ist die totale
Unterrepräsentation von FINTA*s in höheren Positionen, die zugleich eine bessere
Bezahlung mit sich bringen. Auch wenn die seit 2016 eingeführte
Geschlechterquote in börsennotierten Unternehmen greift und mittlerweile der
Anteil von FINTA*s von 10,2 % auf 35,2 % in den 105 deutschen Aufsichtsräten
gestiegen ist, ist das lange noch nicht annähernd zufriedenstellend.
Der Gender Pay Gap und der noch immer absurd hohe Männerüberschuss in
Aufsichtsräten und generell in quasi allen wichtigen Gremien steht im
Widerspruch zur der im Grundgesetz verankerten Gleichberechtigung und muss –
wenn es aus der Gesellschaft bzw. Wirtschaft heraus nicht funktioniert –
politisch mit allen Mitteln bekämpft werden! (Der Markt regelt immer noch einen
Scheiß!)
Daher fordern wir:
Erhöhung der Geschlechterquote in den Aufsichtsräten börsennotierter und
paritätisch mitbestimmender Unternehmen von 30 auf 50 %;
Mehr Hürdenabbau für FINTA*s in
Männer dominierendenmännderdominierten Berufszweigen mit dem
Ziel 30 % FINTA*-Personen in allen Berufen; auch sollen Männer dazu ermutigt werden, bislang FINTA*-dominierte Berufe zu ergreifen.
Alle Listen für öffentliche ehren- und hauptamtliche Wahlen müssen „weich“
paritätisch quotiert werden; d.h., dass Listen paritätisch besetzt werden,
solange entsprechende Kandidat*innen zur Verfügung stehen;
Alle Vorstände in der SPD – von Ortsverein über Kreis-, Landes- und
Bundesverband über Arbeitsgemeinschaften und Co – müssen wenn irgendwie
möglich zu mindestens 50 % mit FINTA*s besetzt sein.
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/01/PD23_036_621.html
https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-aufsichtsraete-die-quote-greift-
4461.htm
https://www.bmfsfj.de/quote/daten.html
Gender Wealth Gap - kotzt uns an!
Es ist kein Wunder, dass FINTA*s in Deutschland (und in der Welt) weniger
Vermögen haben als Männer. Es ist das Ergebnis davon, dass FINTA*s bei gleicher
Arbeit schlechter bezahlt werden (Gender Pay Gap), eher in Teilzeit arbeiten,
eher Care-Arbeit übernehmen (Gender Care Gap), und eher in schlechter bezahlten
Berufen arbeiten. FINTA*-Personen können daher weniger Vermögen aufbauen und
sind daher stärker von Armut und Altersarmut betroffen.
Um die bestehenden wirtschaftlichen Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern
anzugehen und eine gerechtere Verteilung von Vermögen zu erreichen, braucht es
daher eine Vermögenssteuer! Die, die reich sind, dürfen nicht auf Kosten der
bestehenden Ungleichheiten weiter reich bleiben, während die gleichen Umstände
immer mehr Menschen und vor allem FINTA*s in Armut drängt. Die Einnahmen der
Vermögenssteuer müssen investiert werden durch Programme und Initiativen, die
die wirtschaftliche Stärkung von FINTA*s unterstützen und ihre finanzielle
Unabhängigkeit sicherstellen. Das kann zum Beispiel finanzielle Unterstützung
für alleinerziehende Elternteile und den Ausbau von sozialen Sicherungsnetzen
wie die Grundrente umfassen, wie auch Investitionen in Bildung und Ausbildung,
und Unternehmensgründungen von FINTA*s. Daneben müssen die Einnahmen aus der
Vermögenssteuer auch direkt umverteilt werden als Grunderbe an junge Menschen.
Eine Vermögenssteuer und das Grunderbe wäre ein Schritt in Richtung einer
inklusiveren und gerechteren Gesellschaft, in der FINTA*s gleiche
wirtschaftliche Chancen und Ressourcen haben.
https://www.ipg-journal.de/rubriken/wirtschaft-und-
oekologie/artikel/umverteilen-um-zu-wachsen-6615/
https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-vermoegen-frauen-fallen-weiter-
zurueck-9700.htm
Gender Health Gap – kotzt uns an!
Auch die Medizin ist historisch männlich, und die Auswirkungen davon auf das
Leben von FINTA*s sind bis heute spürbar. Wegen Vorurteilen gegen FINTA*s, vor
allem gegen BIPoC-FINTA*s, werden ihre Schmerzen und Leiden oft nicht ernst
genommen. Krankheiten werden nicht erkannt, betroffene Patient:innen erhalten
nicht die Pflege, die sie benötigen. Oft müssen FINTA*s daher mehrfach in die
Praxis um eine angemessene Versorgung einzufordern. Dies belastet nicht nur die
betroffenen Patient:innen und verschlimmert ihr Leiden, sondern belastet auch
das Gesundheitssystem.
Ein weiterer Punkt betrifft die Unterschiede zwischen biologisch weiblichen zu
biologisch männlichen Körpern. Studien werden überwiegend an biologisch
männlichen Körpern durchgeführt, was dazu führt, dass Medikamente und
Krankheitsdiagnostiken oft nicht auf biologisch weibliche Körper zugeschnitten
sind. Dies kann unerwartete Nebenwirkungen von Medikamenten verursachen oder
dazu führen, dass Krankheiten bei biologisch weiblichen Körpern nicht erkannt
werden.
Hinzu kommt noch die altbekannte Forderung, die immer noch nötig ist: die
Kriminalisierung von Abtreibungen muss endlich abgeschafft werden! Menschen, die
Kinder bekommen können, müssen selber entscheiden können, ob und wann sie ein
Kind austragen möchten. Zugang zu Abtreibungen muss allen Menschen mit Uterus
bedingungslos und flächendeckend zur Verfügung stehen.
Wir fordern:
Integration unterschiedlicher Krankheitsbilder im Medizinstudium und in
Fortbildungen, um das Bewusstsein für geschlechtsspezifische
Gesundheitsfragen zu schärfen;
Bereitstellung von mehr Forschungsmitteln für Krankheiten, die
hauptsächlich biologisch weibliche Körper betreffen, um die Diagnose,
Behandlung und Prävention dieser Erkrankungen zu verbessern;
Verpflichtende Durchführung von Studien an biologisch weiblichen Körpern,
um eine angemessene Berücksichtigung der geschlechtsspezifischen
Unterschiede zu gewährleisten; Medikamente und Therapieansätze sollten
besser auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Patient:innen abgestimmt
werden;
Abschaffung § 218 StGB und barrierearmen und kostenlosen Zugang zu
Abtreibungen, egal ob in der Stadt oder auf dem Land.
https://editionf.com/gender-health-gap-was-ist-das-eigentlich/
https://www.fluter.de/gender-health-gap-kurz-erklaert
Stadt & Mobilität für Männer – kotzt uns an!
Viel zu lang war der Staat männlich: in den Kommunen, im Land, im Bund (und
nein, 16 Jahre Merkel ändern daran nicht viel). Dementsprechend wurde in
Männeranliegen investiert. Die Konsequenz: FINTA*s, BIPoCs und queere Menschen
fühlen sich in den geschaffenen Strukturen nicht sicher und sind auch nicht
sicher, wie Daten es immer wieder belegen.
Das muss ein Ende haben! Unsere Städte und Kommunen müssen die Lebensrealität
ALLER in den Blick nehmen und in die Bedürfnisse aller Einwohnenden investieren.
Das heißt: Städte, Dörfer und Mobilität müssen queerfeministisch und
intersektional geplant werden. Dazu müssen FINTA*s, BIPoCs und queere Menschen
mit an den Tisch und in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Es sind
UNSERE Lebensräume, wir ALLE wollen und müssen an der Gestaltung teilhaben!
Um das umzusetzen, fordern wir partizipative Mobilitäts- sowie Kommunalplanung
und eine ausgeglichene Vertretung aller Interessensgruppen in den zuständigen
Gremien. Bei Datenerhebungen müssen die Perspektiven und unterschiedlichen
Lebensrealitäten der betroffenen Gruppen berücksichtigt und angemessen
dargestellt werden.
Verherrlichung von Männern im öffentlichen Raum – kotzt uns an!
Wie viele Straßennamen mit FINTA*-Personen in deinem Dorf oder Viertel kennst
du? Und wie viele Statuen hast du schon gesehen, bei denen keine Männer auf
Sockeln thronen? Richtig: eindeutig viel zu wenige!
Aber um das Geschlechterverhältnis bei Straßennamen sowie Denkmälern bzw.
Statuen annähernd auszugleichen, müssen wir sofort handeln und dürfen keine
weiteren neuen männlichen Heldenverehrungen zulassen. Es bedarf sogar eines
weiteren Schrittes: Männer, die bei der Durchführung von kolonialen und
sklavereibezogenen oder anderweitig menschenfeindlichen Unrechts aktiv oder
duldend beteiligt waren, müssen sofort aus dem öffentlichen Raum verschwinden
und durch FINTA*s ersetzt werden. Alle Orte des Gedenkens an Männer durch
Namensgebungen und optische Darstellungen dieser müssen unter die Lupe genommen
werden und unverzüglich ersetzt werden, sollten sie durch ihre Handlungen nicht
mehr geeignet sein, solch eine Ehrung zu erfahren. Der öffentliche Raum gehört
allen und es ist endlich an der Zeit, FINTA*s mindestens genauso sichtbar zu
machen wie die vermeintlich ehrenhaften Männer, die an jeder Ecke weiterleben.
Globale Ungerechtigkeit – kotzt uns an!
Weltweit gesehen ist die Not nach Umverteilung noch viel ausgeprägter als in
Deutschland. Nicht nur die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern muss bekämpft
werden, auch das koloniale Erbe von Europa hat zu starkem wirtschaftlichen
Ungleichgewicht zwischen dem Globalen Süden und dem Globalen Norden geführt.
Hinzukommt die Klimakatastrophe: hauptsächlich verursacht durch den Globalen
Norden, und hauptsächlich ausgebadet (manchmal im wörtlichen Sinne) im Globalen
Süden. FINTA*s und marginalisierte Gruppen sind überproportional von Armut
betroffen. Gleichzeitig tragen sie oft die Hauptlast der Klimakatastrophe, sei
es durch Wasserknappheit, Ernteausfälle oder den Verlust von Wohnraum aufgrund
von Naturkatastrophen. Für eine internationalistische queerfeministische
Umverteilung muss Klimagerechtigkeit eine Priorität sein. Dies bedeutet, dass
Länder und Gemeinschaften, die am wenigsten zur globalen Erwärmung beigetragen
haben, angemessen unterstützt werden, um sich an den Folgen des Klimawandels
anpassen zu können. Hierfür müssen Konzepte wie die Feministische Außenpolitik
und Feministische Entwicklungspolitik weiterentwickelt werden und mit Leben
gefüllt werden, damit sie nicht nur bloße politische Worthülsen bleiben. Das
heißt, neben einer breit gefächerten Unterstützung der Betroffenen auf
Augenhöhe, auch, dass wir in Deutschland und Europa uns unserer Verantwortung
bewusst werden und Konsequenzen aus der Klimakatastrophe ziehen müssen, damit es
zu einer wirklichen Umverteilung kommen kann.
Sonstige Links:
https://www.fes.de/themenportal-gender-jugend/internationaler-frauentag-
2022/gender-gaps