Veranstaltung: | Landeskonferenz 2023 |
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Tagesordnungspunkt: | 13. Antragsberatung |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | KV Kyffhäuserkreis |
Eingereicht: | 22.05.2023, 21:32 |
24-7-Pflege: Den “Grauen Pflegemarkt” austrocknen!
Beschlusstext
Die Situation in der Pflege ist mehr als angespannt. Durch den demografischen
Wandel sind immer mehr Menschen im Alter auf Pflege angewiesen. Einen Teil der
Versorgung pflegebedürftiger Menschen leisten 24-7-Betreuungskräfte, welche vor
allem aus dem osteuropäischen Ausland nach Deutschland kommen. Vermittelt werden
solche Beschäftigungen durch Pflegeagenturen und Vermittlungsagenturen, die
selbst häufig im Ausland angesiedelt sind. Nur circa 10% der 700.000
Betreuer:innen arbeiten legal. Durch verschiedene Arbeits- und
Vermittlungsmodelle (Arbeitgebermodell, Entsendemodell, Selbstständigenmodell)
wird massiv gegen das Arbeitszeitgesetz und das Mindestlohngesetz verstoßen. Es
hat sich ein “Grauer Pflegemarkt” gebildet, in dem Betreuungskräfte weit weg von
zu Hause für wenig Geld unter unzumutbaren Bedingungen arbeiten müssen, während
Pflegebedürftige hohe Abgaben leisten, welche zu einem großen Teil von den
Pflegeagenturen abgeschöpft werden. Wir erteilen diesen Umständen eine klare
Absage!
Die Jusos Thüringen fordern, dass
- die “24-Stunden-Pflege” auf eine einheitliche lückenlose rechtliche
Grundlage gestellt wird. Ausbeuterische Strukturen, wie sie viele der
Pflegeagenturen verkörpern, sollen abgeschafft werden, denn Gesundheit
gehört nicht in die Hände gewinnorientierter Unternehmen! Es soll eine
Pflegebörse (bspw. in Anlehnung an das Modell der "Münchner Pflegebörse”)
eingerichtet werden, die unter der Aufsicht der Landesministerien für
Gesundheit sowie des BMG steht. Agenturen sollen unter strenger
rechtlicher Kontrolle stehen. Innerhalb der Pflegebörse sollen weitere
Möglichkeiten der stationären Pflege bzw. Pflege zu Hause sowie
Beratungsmöglichkeiten für Pflegebedürftige und deren Angehörige
integriert sein, um eine vollständige Übersicht über mögliche
Unterstützungsmöglichkeiten zu bekommen.
- die verschiedenen Betreuungsmodelle vereinheitlicht werden. Wir Jusos
fordern ein Entsendemodell ausschließlich über kontrollierte
Pflegeagenturen, welche Betreuungskräfte nur über die neu einzurichtende
Pflegebörse an Pflegebedürftige vermitteln. Das bisherige sogenannte
“Entsendemodell” darf keine Anwendung finden, denn kein
Arbeitnehmer:innenrecht darf durch unterschiedliche Vertragsverhältnisse
beschränkt oder gar aufgehoben werden. Illegale Beschäftigungsverhältnisse
gehören konsequent beendet.
- Arbeit in der Pflege gerecht ist. Wir fordern
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung für alle Betreuenden und eine
Anbindung der Arbeitsverhältnisse an den TVöD einschließlich der Vergütung
der restlichen Tagesarbeitszeit als Bereitschaftszeit gemäß
Pflegemindestlohn. Insbesondere muss es für die Betreuer:innen einen
Anspruch auf Urlaubs-/Ausgleichstage geben, ebenso die Möglichkeiten einer
Wohnung/Unterkunft außerhalb der 4 Wände des:r Pflegebedürftigen. Um die
Versorgung des:r Pflegebedürftigen jederzeit ermöglichen zu können, muss
eine Vertretung der eingesetzten Betreuer:innen bei Urlaub und Krankheit
sichergestellt sein – entweder durch die Agentur selbst oder in Abstimmung
mit anderen Agenturen.
- eine unabhängige Beschwerdeinstanz eingerichtet wird, welche bei Verstößen
gegen eine Agentur vorgehen kann. Es soll in dem Zusammenhang die
Möglichkeit geschaffen werden, das Arbeitsverhältnis aufzulösen.
- Betreuer:innen über ausreichende Qualifikationen verfügen, welche über die
Agenturen angeboten oder vermittelt werden. Darüber hinaus muss es Aus-
und Weiterbildungsmöglichkeiten geben sowie ein Schutz- und
Hygienekonzept, in dem die Betreuer:innen geschult sind.
- der Bereich der ambulanten Pflege einschließlich der “24-Stunden-Pflege”
(Betreuung in häuslicher Gemeinschaft) in die gesetzliche
Pflegeversicherung integriert wird sowie die Kosten für den
Pflegebedürftigen nicht die eines Eigenanteils bei ambulanter Pflege
übersteigen. In diesem Zusammenhang ist eine sozial gerechte
Ausfinanzierung der Pflegekassen unabdingbar. Eine Finanzierung über die
GPV soll an die Anbindung an die Pflegebörse gekoppelt sein.
- es niederschwellige Informationen über Infoportale, Infogespräche o.Ä. für
Pflegebedürftige gibt. Auch für Betreuer:innen muss über die Pflegebörse
ein Informationsportal zur Verfügung gestellt werden, das über alle
Vertragsgegenstände und Probleme aufklärt.
- eine Anbindung der Pflegebedürftigen an die hausärztliche
Versorgungsstruktur gewährleistet ist. Hausärzt:innen sollen an der
Versorgungskoordination einschließlich der Einschaltung eines ambulanten
Pflegedienstes beteiligt sein.
Antragsbegründung
Erfolgt mündlich