Veranstaltung: | Landeskonferenz der Jusos Thüringen 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | 6 Antragsberatung |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landeskonferenz |
Eingereicht: | 01.06.2022, 22:10 |
Putin die Grenzen aufzeigen!
Beschlusstext
Putins Krieg, Putins Verantwortung
Europa ist im Krieg. Europa ist im Krieg um die Demokratie und die Freiheit. Mit
dem russischen Überfall auf die Ukraine hat Putin die halbwegs friedliche
Koexistenz demokratischer Staaten und dem autokratischen Russland vollends
beendet. Die neo-imperiale und neo-autokratische Motivation des Kremls, einen
völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zu planen und letztlich durchzuführen, sind
durch nichts zu rechtfertigen. Mit dem Einmarschbefehl hat Putin die Schuld für
den Tod mehrerer zehntausender Menschen und für unermessliches Leid durch
Flucht, Vertreibung und Kriegsverbrechen auf sich und sein Regime geladen. Das
ist unverzeihlich und darf niemals ungesühnt bleiben. Die persönlich
Verantwortlichen müssen in einem gerechten und freien Verfahren unter Achtung
des Völkerrechts vor internationalen Gerichten für ihre Verbrechen zur
Rechenschaft gezogen werden.
Wir stellen fest:
Die russische Führung ist für das Leid in der Ukraine verantwortlich.
Der russische Überfall auf die Ukraine ist ein Verstoß gegen das
Völkerrecht und gegen die Menschlichkeit.
Die russischen Streitkräfte begehen Kriegsverbrechen.
Wir fordern:
die persönlich Verantwortlichen für diesen Krieg müssen in fairen und
gerichtlichen Verfahren, unter Achtung geltender völkerrechtlicher
Verträge zur Rechenschaft gezogen werden.
die Aufarbeitung der bisherigen östlichen Nachbarschaftspolitik
Deutschlands und insbesondere der SPD. Schwerwiegende Fehleinschätzungen
hinsichtlich des russischen Regimes mit Blick auf seine Aggressivität
müssen mit großer Selbstkritik reflektiert werden.
Die Angst des Kremls vor der Demokratie
Der russische Krieg gegen die Ukraine, der seit 2014 jedes Jahr Menschen das
Leben kostet und die Ukraine daran hindert, sich wirtschaftlich und
gesellschaftlich zu entfalten, ist der finale Ausdruck der Schwäche des
autokratischen Systems in Moskau. Spätestens seit 2007 versucht Putin mit einer
aggressiven völkerrechtswidrigen Außenpolitik in seiner Nachbarschaft und
darüber hinaus ein korruptes, autokratisches, oligarchisches System zu sichern.
Das politische System Russlands unter Putin lebt einzig und allein davon, dass
wenige feudalherrschaftlich anmutende Oligarch:innen mit Vetternwirtschaft und
Korruption den russischen Boden und die russische Bevölkerung ausbeuten, um sich
zu bereichern. Wer sein Land dermaßen ausbeutet, hat zu Recht Angst davor, dass
sich die Ausgebeuteten im In- und Ausland dagegen wehren. Aus purer Angst sich
nicht weiter durch die Ausbeutung Russlands ins Unermessliche bereichern zu
können, werden Menschen, die sich dieser Ungerechtigkeit entgegenstellen von den
Schergen der Kleptokrat:innen, ermordet, verhaftet oder anderweitig unterdrückt.
Die heimtückischen Mordanschläge auf Oppositionelle sind nur ein grausames
Beispiel unter vielen für die Methoden des Kremls. Die russische Führung ist,
wie der Einsatz von Nowitschok (Nervengift) nach innen und die rücksichtslose
Kriegsführung in der Ukraine nach außen zeigen, bereit, alles zu tun, um ihre
Macht und ihr Ausbeutungssystem zu sichern.
Wir stellen fest:
Russland unter Putin ist eine Gefahr für die internationale Sicherheit und
den Frieden in der Welt. Das Regime ist erklärte Feindin all unserer
Grundwerte: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität.
Die russische Führung hat Angst davor Geld und Macht zu verlieren, wenn
die Bevölkerung grundlegende politische Freiheiten und bürgerliche Rechte
erhält.
Jede Form von Demokratiebewegung in Russland oder in seiner direkten
Nachbarschaft stellt eine Bedrohung für das kleptokratische politische
System dar. Demokratisierungsbewegungen in der russischen Nachbarschaft
haben gezeigt, dass kremltreue Regime von Ihrer Bevölkerung vertrieben
werden, wenn sie die Freiheit bekommen über ihre Herrscher:innen in freien
Wahlen entscheiden zu dürfen.
Je mehr ehemalige (Nachbar-)Staaten sich von einem korrupten System mit
Ablaufdatum abwenden, umso geringer werden die Renditen für die
kleptokratische Elite und sie sieht sich genötigt, wie Verbrecher:innen
Geld und Renditen von Nachbarstaaten zu erpressen oder sie sich mit Gewalt
zu holen.
Unsere Antwort auf die neo-imperialen und neo-autokratischen Ausbeutungen
Die Antwort auf die aggressiven und korrupten Ausbeutungsinteressen der
russischen Oligarchie muss auf dem entschiedenen Einstehen und Verteidigen
unserer Werte basieren. Russlands aggressive Führung ist einzig daran
interessiert, ihren obszönen Reichtum zu vermehren und wird deshalb niemals mit
ihrem Streben nach mehr Reichtum durch Ausbeutung aufhören. Um die Ausbreitung
des russischen Neo-Imperialismus und der darauffolgenden Unterdrückung
entgegenzutreten, müssen wir bedrohte Staaten vor Russland schützen. Dies
gelingt uns am besten, indem wir die Staaten bei ihrem Wandel zu stabilen und
resilienten Demokratien unterstützen. Je demokratischer und resilienter Staaten
sind, umso schwerer haben es Oligarch:innen mit korrupten Deals Einfluss zu
nehmen und ihr kleptokratisches System der Unterdrückung der Vielen und die
Privilegien der ganz Wenigen zu exportieren.
Wir fordern:
den Beistand der internationalen Gemeinschaft für die Staaten, Regionen
bzw. deren Bevölkerung, die von russischen Aggressionen betroffen sind.
die demokratische Stärkung von Staaten, die durch Russland bedroht werden.
Dies kann durch die Ausweitung von Integrationsbemühungen, etwa durch die
Ausweitung von Demokratieförderungsprogrammen der europäischen
Nachbarschaftspolitik gelingen.
die prekäre sicherheitspolitische Lage von russischen Nachbarstaaten nicht
weiter zu ignorieren und Staaten, die in Gefahr sind, russische Gewalt
aufgezwungen zu bekommen, wehrfähig zu machen. Das beinhaltet militärische
Kooperationen in allen konventionellen Dimensionen der Kriegsführung,
außer der direkten Beteiligung von Bündnisstreitkräften an Kampfeinsätzen.
die Freiheit für Staaten zu garantieren, ihre Bündnisse selbst zu wählen
zu können. Wir dürfen nicht mehr aus vermeintlicher Rücksicht auf
russische, sicherheitspolitische Beschwerden Bündnisbeitritte kategorisch
ausschließen. Gleichermaßen dürfen Bündnisbeitritte immer nur unter
Berücksichtigung der in den Bündnisverträgen festgelegten Verfahren
erfolgen, sodass eine Integrationskapazität und Bündnisstabilität
gewährleistet bleiben kann.
die gezielte Verhinderung der Renditenmaximierung der russischen Elite,
indem wir ihr korruptes Handeln sanktionieren und ihre neo-imperiale
Ausbreitung durch gezielte schwerwiegende Sanktionen verhindern.
Effektivstes Mittel ist die Verhinderung von Geldströmen nach Russland in
die Taschen der Oligarch:innen.
die gezielte und schnelle Abwendung von russischen Rohstoffimporten zur
Verhinderung der weiteren Querfinanzierung der russischen Kriegsführung.
kurzfristige Erleichterungen für politisch und gesellschaftlich Verfolgte
aus Russland und Belarus, in Deutschland bzw. der EU Asyl zu beantragen.
Europäische Perspektive für Russland
Überdies bleibt festzuhalten, dass wir im Sinne unserer internationalistischen
Ausrichtung weiterhin das Ziel weltweiten Friedens und weltweiten Wohlstands
verfolgen. Russland in Gänze war und ist nicht “der Feind”. Es sind die
russischen Eliten, das Militär, die Wirtschaft und Medien, die fast vollständig
durch regimetreue Personen geleitet werden, die große Teile der Bevölkerung für
ihre kleptokratischen Interessen missbrauchen. Bedenklich ist jedoch, wie viele
Menschen dem Kurs des russischen Regimes zu folgen scheinen. Trotz alledem wird
eine friedliche Zusammenarbeit mit Russland und der russischen Zivilgesellschaft
immer unser Ziel bleiben. Ein demokratisches und friedliches Russland könnte
einen der weitreichendsten Beiträge zur Erreichung einer friedlicheren und
gewaltfreieren Welt liefern. Nichtsdestotrotz können und werden die Gräueltaten
des Kremls nicht ungesühnt bleiben. Russland darf erst wieder auf
gewinnbringende Kooperationen mit der EU, NATO oder Deutschland hoffen, wenn es
sich wieder zu den grundlegendsten Prinzipien des Völkerrechts und der
Menschlichkeit bekennt. Die Jus post bellum darf unter gar keinen Umständen mit
Gewalt diktiert werden. Eine Nachkriegsordnung in der geteilten Nachbarschaft
der EU und Russlands darf einzig und allein auf Basis bindender Friedensverträge
organisiert werden. Verhandlungen über eine Nachkriegsordnung in Europa kann es
allerdings nur geben, wenn Russland bereit ist, Konflikte ohne Zwangsandrohungen
in Verhandlungen zu lösen. Erst wenn Russland den Pfad der Gewalt verlässt, kann
es und soll es eine Annäherung geben. Diesbezüglich sehen wir Russland nach
seinem Überfall auf die Ukraine und als Verursacher von Gewalt und Leid in der
Bringschuld.
Wir fordern:
den Rückzug aller russischen Truppen, die völkerrechtswidrig im
postsowjetischen Raum stationiert sind. Insbesondere fordern wir einen
sofortigen Rückzug russischer Truppen aus der Ukraine, Georgien und der
Republik Moldau.
die Rückgabe aller durch Russland völkerrechtswidrig annektierten Gebiete.
ein Bekenntnis der russischen Führung zu Frieden, Freiheit und Demokratie
als friedenssichernde Grundlage für den Frieden in Europa.
die Beteiligung Russlands und der russischen Eliten am Wiederaufbau von
Regionen, die durch russische Angriffe zerstört worden sind.
Begründung
erfolgt mündlich.