Veranstaltung: | Landeskonferenz der Jusos Thüringen 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | 6 Antragsberatung |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landeskonferenz |
Eingereicht: | 01.06.2022, 20:28 |
Endlich genug Geld für Thüringer Krankenhäuser
Beschlusstext
Wir fordern das Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen
und Familie und weitere an der Krankenhausplanung und Aufstellung des
Investitionsprogramms entsprechend Thüringer Krankenhausgesetz (ThürKHG)
beteiligte Akteure auf, Krankenhäuser im Landeskrankenhausplan des Freistaats
Thüringen kostendeckend und zukunftsfähig zu finanzieren und wenn nötig
entsprechend gesetzliche Grundlagen anzupassen. Wir fordern die SPD-
Landtagsfraktion zum Einsatz für eine kostendeckende Krankenhausfinanzierung
auf.
Hierzu müssen Fördersätze erhöht, Projekte durch die Einzelförderung leichter
genehmigt und Antragsprozesse vereinfacht werden. Häufig werden bei der Vergabe
von Investitionsfördermitteln andere Investitionsquellen seitens der
Krankenhausträger, auch Fremdkapital, einkalkuliert. Dies führt zu einer
geringeren Teilförderung; der Rest muss durch den Krankenhausträger finanziert
werden. Aus diesem Grund muss bei Einzelförderungen vollständige Kostendeckung
vom Land zur Verfügung gestellt werden.
Grundlage der Krankenhausfinanzierung ist das Krankenhausfinanzierungsgesetz
(KHG).
Ziel und Zweck des Gesetzes ist die “wirtschaftliche Sicherung der
Krankenhäuser, um eine qualitativ hochwertige, patienten- und bedarfsgerechte
Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen digital ausgestatteten,
qualitativ hochwertigen und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern
zu gewährleisten” (§ 1 Abs. 1 KHG). Die Bundesländer kommen jedoch den
Verpflichtungen zur Finanzierung betriebsnotwendiger Investitionskosten schon
jahrzehntelang nicht im erforderlichen Umfang nach. Laut der Deutschen
Krankenhausgesellschaft (DKG) erhöhten sich die bereinigten Kosten der
Krankenhäuser seit 1991 bis 2020 auf das 2,69-fache, der reale Wert der
Investitionsfinanzierung sank aber um 45 %, in Thüringen sogar um 71 %.
Aus diesem Grund muss die Investitionsfinanzierung mindestens auf das Doppelte
oder sogar das Dreifache der derzeitigen Förderung angehoben werden, damit der
über Jahre aufgebaute Investitionsstau aufgeholt und das oben genannte Ziel im
Ansatz erfüllt werden kann. Ebenso unerlässlich ist eine gute
Gesundheitsplanung. Sie muss bedarfsgerecht erfolgen. Wenn Krankenhäuser
bedarfsnotwendig sind, gehören sie in den Landeskrankenhausplan. Kein
Krankenhaus darf aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen werden; ebenso
wenig darf eine Reduktion der Bettenzahl erfolgen.
In Thüringen müssen die Kommunen einen Beitrag zur Krankenhausfinanzierung
leisten.
Die Kommunen sollten zudem ein Mitbestimmungsrecht bei der Krankenhausplanung
für Kommunen und Kreise besitzen. Im Bereich der Bedarfsplanung müssen Stimmen
auf kommunaler Ebene ein Mitspracherecht haben. Hierfür sollten
Planungsausschüsse implementiert werden, denen neben GKV und Krankenhausträger
auch Personalvertreter:innen sowie Vertreter:innen von Patient:innen und
niedergelassenen Ärzt:innen angehören sollen. Der Krankenhausplanung soll eine
kreisübergreifende Planung des Versorgungsbedarfs vorausgehen.
Die unzureichende Finanzierung der Investitionskosten führen zu Verlusten, die
öffentliche Träger dazu bringen, Krankenhäuser zu privatisieren. Dieser Umstand
darf nicht akzeptiert werden. Wir Jusos fordern, diesen Trend umzukehren und
eine Rekommunalisierung von Kliniken einzuleiten. Wenn Krankenhäuser nicht durch
ein marodes Finanzierungssystem in finanzielle Not gerieten, würde privater
Träger weniger Einzug in den Krankenhaus-”Markt” haben. Forderungen nach einer
monistische Finanzierung durch die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und eine
Kalkulation der Investitionskosten über “Invest-DRGs” erteilen wir eine klare
Absage.
Uns ist bewusst, dass kleinere Kliniken bestimmte Eingriffe nicht mit der
gleichen Qualität erfüllen können wie größere, stärker spezialisierte Häuser.
Eine gute Evaluation der Versorgungsqualität ist wichtig. Bedenklich sind jedoch
mögliche Konsequenzen einer geringeren Qualität wie die teilweise oder komplette
Herausnahme eines Krankenhauses aus dem Landeskrankenhausplan oder die Kürzung
von Investitionsfördermitteln. Solche Praktiken lehnen wir ab, da man ohne Geld
keine gute Versorgung sichern kann und bloße Qualitätskriterien nicht über den
Versorgungsbedarf entscheiden.
Wir fordern darüber hinaus, politische Werkzeuge, die auf Minderausgaben und
Austerität ausgerichtet sind, kritisch in Frage zu stellen und mehr
Möglichkeiten für gute Krankenhausfinanzierung zu entwickeln und auf den Weg zu
bringen. Die mangelnde Bereitschaft zur Investitionsförderung besteht durchaus
auch an anderer Stelle. Äquivalent zur Krankenhausfinanzierung bedarf es unter
anderen auch einer kostendeckenden Finanzierung von Pflegeeinrichtungen seitens
der Länder, damit Pflegebedürftige sich nicht durch einen hohen Eigenanteil,
weil ansonsten überhaupt keine Versorgung gewährleistet werden könnte,
verschulden müssen.
Die Tatsache des “Kaputt-Sparens” der Krankenhäuser ist den Menschen in
Thüringen und Deutschland bestens bekannt. Für ein nach vorne gerichtetes
Gesundheitswesen auf der Basis von guter Medizin ist eine kostendeckende
Finanzierung unabdingbar. Durch eine wirklich kostendeckende
Krankenhausfinanzierung entsprechend des Grundsatzes der dualen Finanzierung
kann Thüringen als Vorbild für andere Bundesländer fungieren, demographisch
vordenken und ein Zentrum hochwertiger, flächendeckender medizinischer
Versorgung sein bzw. werden. Einen wichtigen Schritt dahin wollen wir mit diesem
Antrag ansprechen.
Begründung
(erfolgt mündlich)