Veranstaltung: | Landeskonferenz der Jusos Thüringen 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | 6 Antragsberatung |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landeskonferenz |
Eingereicht: | 03.08.2022, 13:19 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Die Platte des 21. Jahrhunderts
Beschlusstext
Die Zeit ist reif für eine neue Platte. Zur Umsetzung der im Koalitionsvertrag
festgeschriebenen Ziele des sozialen Wohnungsbaus fordern die Jusos Thüringen,
die stadtplanerische und finanzielle konzeptionelle Ausarbeitung sowie
anschließende Förderung von modularer und serieller Bauweise. Im Sinne der
Original Platte fordern wir das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung
und Bauwesen auf, ein neues Konzept unter folgenden Gesichtspunkten
auszuarbeiten sowie voranzutreiben:
Modulbauweise
Die Platte des 21. Jahrhunderts ist ein normiertes und modulares System. Eine
festgeschriebene DIN ist frei zugänglich, sodass Ingenieur:innen sowie
Hersteller:innen, schneller und effizienter bereits bestehende Modulpläne
fertigen sowie neue Modulkonzepte entwerfen können. Immer gleiche normierte Maße
erlauben eine einfachere Beantragung, bei beispielsweise Bauämtern, und eine
daraus resultierende schnellere sowie kostengünstigere Konstruktion.
Als Folge der Modulbauweise können verschiedene Wohnungsgrößen innerhalb einer
Gebäudeeinheit entstehen. Möbel und Raumkonzepte können einfach und schnell für
die Gegebenheiten der Raummodule entwickelt werden sowie für alle erschwinglich
in Masse hergestellt werden.
Module und Außenfassaden (z.B. Schieferfassaden, Backsteinbauten oder spezielle
Bauweisen für Innenstädte / Altstädte) sollen individuell an lokale Kulturen und
Gegebenheiten anpassbar sein. Vorschläge sollen in diesem Konzept erstellt
werden.
Gemeinschaftliches Zusammenleben
Es muss festgeschrieben werden, dass Gebäudeeinheiten einen Fokus auf die
Reduzierung von Segregation und sozialer Ungleichheit legen. Dabei muss der Mix
aus verschiedenen Wohnungsgrößen bestehen, welche z.B. als Sozial-, klassischen
Miet- und Eigentumswohnungen verfügbar sind.
Orte der Begegnung fördern das Zusammenleben und sind in jedem Gebäude als
Module einzuplanen. Dazu können für die gesamte Hausgemeinschaft zugängliche
Module beitragen, zum Beispiel: Urban-Gardening-Module oder Indoorgewächshäuser
(beispielsweise in Kombination mit Aquaponik); Versammlungsräume oder
Partykeller; Sport- oder Indoorspielräume; Indoor Stellplätze für Kinderwägen,
Rollstühle und Rollatoren; (Tief-) Garagen mit Ladestationen für Fahrräder und
Kraftfahrzeuge. Anstelle der Parkplatzflächen um die Gebäude herum, sollen mehr
Grünflächen geschaffen werden. Diese können u.a. für gemeinschaftliche Gärten,
Ruhe- oder auch Spielflächen genutzt werden.
Neben diesen Orten sind darüber hinaus Module für Gewerbeflächen einzuplanen um
Fahrtwege zu reduzieren und eine Vielzahl an Personen zu inkludieren. Solche
sollen unmittelbar mit dem täglichen Leben im Kontakt stehen. Dies sind u.a.
Läden für körpernahe Dienstleistungen oder zur Deckung des täglichen Bedarfs,
aber auch Kinder- und Seniorentagesstätten, Arztpraxen, Stellplätze für
Automaten beispielsweise für regionale Produkte und Freizeitangebote wie Kinos.
Als Veranschaulichung hierfür kann das Dolgensee-Center in Berlin-Lichtenberg
dienen.
Zukunftsfähige Nachhaltigkeit
Der Klimakrise angepasst müssen Neubauten mit den enthaltenen Modulen auf
Nachhaltigkeit konzipiert und die Gebäudeeinheit möglichst autark entworfen
werden.
Einen großen verpflichtenden Stellenwert muss die Energieeinsparung über den
gesamten Lebenszyklus und die eigenständige Versorgung mit erneuerbaren Energien
besitzen. Die Gebäude müssen im Passivhausstandard errichtet werden und
Möglichkeiten zur lokalen Energieerzeugung bestmöglich nutzen. Dazu gehören
insbesondere die Installation von Photovoltaikanlagen auf Dächern, Balkonen und
an Fassaden oder die Errichtung von Kleinwindkraftanlagen an Dächern und
Fassaden. Sowie darüber hinaus die Nutzung von Wärmepumpen, Solarthermieanlagen
oder anderen erneuerbaren Heizssystemen zur autarken Gebäudebeheizung oder in
Kombination mit dem Anschluss an ein kaltes Nah- oder Fernwärmenetz. Mit einer
abgestimmten Gebäudetechnik (sog. Smarthome-Anwendungen) sollen Potenziale zur
abgestimmten Einsparung, Nutzung und Speicherung von Elektro- und Wärmeenergie
gehoben werden.
Durch bestimmte architektonische Bauweisen entwickeln Menschen
Gebäudekühlungsmethoden welche die Luftzirkulation innerhalb der Gebäudeeinheit
fördert, ein Beispiel dafür sind persische Windtürme. Für weitere signifikante,
energielose Kühlung sorgen Gründächer. Ein Baukonzept hierfür sollte
miteinbezogen werden.
Weiterhin sollten kostensparende Anlagen eingebaut werden, die eine Autarkheit
fördern, wie Regenwasseraufbereitungsanlagen, Solarwärmeanlagen oder
Recyclinganlagen mit beispielsweise einem Indoorkompost oder Wurmboxen. Als
Beispiel können die Urban-Gardening-Module durch vor Ort entstandene Ressourcen
gepflegt werden — Licht, Wärme, Wasser und Erde kommen aus der eigenen
Gebäudeeinheit.
Die meisten Emissionen eines Gebäudes entstehen allerdings nicht im Betrieb,
sondern bereits durch die im Bau eingesetzten Materialien. Umso entscheidender
ist es deshalb, die Nutzung alternativer Bau- und Dämmstoffe wie beispielsweise
Holz oder Stroh in den Mittelpunkt zu stellen und bereits beim Bau auch ein
Rückbaukonzept vorzulegen, um eine Perspektive für die Weiternutzung der
Bauteile auch nach dem Ende der Nutzungsphase eines Gebäudes zu liefern. Das
Modell Zementwerk – Wohnhaus – Müllhalde hat muss der Vergangenheit angehören!
Imagewechsel
Die Zeit ist reif für eine neue zukunftsweisende, gemeinschaftliche und
nachhaltige Platte — die Platte des 20. Jahrhunderts war nicht nur in der DDR,
sondern weltweit zu finden. Der Grund dafür war simpel: sie boten
innenstadtnahen Wohnraum im Grünen. Für viele Menschen war der Einzug in so eine
Plattenbauwohnung ein buchstäblicher Sprung in die Zukunft, da es für die
damalige Zeit ein modernes Meisterwerk war. Das sich in den 1990er Jahren
prägenden negativen Bild der Platte ist auf den demografischen, sozialen und
wirtschaftlichen Wandel zurückzuführen, welche die Regionen durchlaufen haben.
Die Platte braucht wieder einen Imagewechsel, mit einem modernen und neu
gestalteten Konzept für unsere und künftige Generationen. Die Bundesregierung
will mindestens 400.000 neue Wohnungen bauen — die Stimmung in unserer
Gesellschaft ist gegeben, nun ist es Zeit Wohnraum zu schaffen, den sich alle
leisten können und welcher dabei Umwelt- und Klimaschutz sowie Innovationen
miteinbezieht.
Wir finden: das schaffen wir mit der Platte des 21. Jahrhunderts.