Veranstaltung: | Landeskonferenz der Jusos Thüringen 2020 |
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Tagesordnungspunkt: | Antragsberatung LaKo |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landeskonferenz Jusos Thüringen |
Beschlossen am: | 17.10.2020 |
Eingereicht: | 16.11.2020, 16:06 |
Antragshistorie: | Version 1 |
D1 Recht auf Anonymität im Internet
Beschlusstext
Wir fordern die SPD-Bundestagsfraktion dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass es
im Internet weiterhin keine gesetzliche Klarnamenpflicht und keine
Identifizierungspflicht geben wird. Auch sollen Plattformen in Zukunft nicht
gesetzlich dazu verpflichtet werden Stammdaten (Name, Anschrift, Telefonnummer,
…) von ihren Nutzer*innen zu erheben.
Begründung
Wir halten die Anonymität im Internet für ein hohes Gut, welches einen freien Diskurs erst ermöglicht. Es gibt viele gute Gründe z.B. für Anonyme Social-Media-Accounts:
- Austausch über Themen in einem Safe Space, ohne dass das soziale Umfeld direkt davon erfahren könnte z.B. über Krankheiten, sexuelle Orientierung, Sexarbeit, politische Meinungen uvm.
- Angst vor politischer Verfolgung z.B. als Whistleblower*in oder Oppositionelle*r
- Quellenschutz für Journalist*innen in der Kommunikation und Ermöglichung von Online Undercover Recherchen
Ausführlichere Argumentationen sind u.A. hier zu finden:
Zusätzlich darf nicht vergessen werden, dass es so etwas wie absolute Sicherheit von IT-Diensten nicht gibt, wie auch der Skandal um Cambridge Analytica oder diverse Sicherheitslücken bei digitalen Corona Restaurant Listen gezeigt haben. In der Vergangenheit wurden schon häufiger große Mengen Nutzer*innendaten im Internet frei veröffentlicht, teilweise durch Kriminelle, teilweise durch Systemfehler.[1]
Jeder Account müsste sich auch bei einer Hinterlegung von personenbezogenen oder personenbeziehbaren Stammdaten davor fürchten, jederzeit deanonymisiert zu werden. Gerade Klarnamen und Adressdaten sind ein attraktives Angriffsziel für Kriminelle im Internet und erleichtern den Identitätsdiebstahl.
Einige (antifaschistische) Projekte müssten nach Offenlegung Ihrer Namen und Adressen damit rechnen auch im realen Leben Anfeindungen ausgesetzt zu sein oder sogar um ihr Leben fürchten.
Weiterhin ist eine Klarnamenpflicht, wie bspw. auf Facebook vorgeschrieben (aber nicht streng durchgesetzt) keineswegs ein Garant für weniger Hass und Hetze im Internet und führt ebenfalls nicht notwendigerweise zu einer besseren Diskussionskultur.
Rechtliche Verpflichtungen zur Datenerhebung würde den großen Platformen, welche mit dem Verkauf und der Analyse der Daten bereits hohe Profite erzielen, zusätzliche Profitpotenziale einbringen.
Es würde auch weiterhin Möglichkeiten geben bspw. gegen Hass und Hetze im Internet rechtlich vorzugehen[2]. Auch eine Altersverifikation (z.B. aus Zwecken des Jugendschutzes) wäre durch die Funktionen des E-Personalausweis datensparsam zu realisieren.
Internet Provider und Plattformen bleiben in der Verpflichtung, mit den Behörden zusammen zu arbeiten, um Straftaten schnellstmöglich aufzuklären. Dafür müssen insbesondere auch die bisher anwendbaren rechtlichen Gegebenheiten für eine Nachverfolgung durch Strafermittlungsbehörden voll ausgeschöpft werden. Für mehr Aufklärung sind hier nicht strengere Regeln oder mehr Datenerfassung nötig, sondern eine konsequentere und zugänglichere Rechtsdurchsetzung.
[1]https://de.wikipedia.org/wiki/Ausfall_des_PlayStation_Network_im_Jahr_2011_au--f_Grund_eines_externen_(elektronischen)_Angriffs;
https://www.investopedia.com/news/5-biggest-credit-card-data-hacks-history/;
https://heartbleed.com/;
https://www.visualcapitalist.com/the-15-biggest-data-breaches-in-the-last-15-years/