Veranstaltung: | Landeskonferenz der Jusos Thüringen 2020 |
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Tagesordnungspunkt: | Antragsberatung LaKo |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landeskonferenz Jusos Thüringen |
Beschlossen am: | 17.10.2020 |
Eingereicht: | 16.11.2020, 16:15 |
Antragshistorie: | Version 1 |
F3 Menners in die Therapie: Toxische Männlichkeit überwinden
Beschlusstext
(Triggerwarnung: Depression, Suizid)
Das Konzept der toxischen Männlichkeit beschreibt einen in unserer Gesellschaft
vorherrschenden Begriff von Männlichkeit und umfasst das Verhalten,
Selbstverständnis und die Beziehungskonzepte von Männern sowie kollektive
männliche Strukturen. Männer sollten keine Schwäche zeigen, allenfalls Wut, sie
sollten hart, aggressiv und nicht zärtlich oder liebevoll sein, schon gar nicht
untereinander. Männlichkeit muss immer wieder unter Beweis gestellt werden, z.B.
durch die Einordnung von Männern in eine Hierarchie, die mit Mutproben und
erniedrigenden Ritualen gefestigt wird – dies kann auf dem Schulhof ebenso
geschehen wie bespielsweise bei der Polizei und Bundeswehr. Wer toxische
Männlichkeit erlernt hat, lebt mit einem Mangel: Diese Personen haben meist kein
gutes Verhältnis zu ihrem Körper, können ihre eigenen Grenzen ebenso wenig
respektieren wie die anderer und haben Schwierigkeiten damit, Gefühle
zuzulassen, zu zeigen und zu verarbeiten. Konsequenzen hieraus sehen wir etwa im
schlechten Umgang heterosexueller cis Männer mit dem eigenen Körper, ihrer
Nachlässigkeit gegenüber der eigenen Gesundheit und ihrer Tendenz zu
Depressionen, Sucht und Suizid. Die Zahlen belegen das: In Deutschland nehme
sich fast dreimal mehr Männer als Frauen das Leben. In der Alterskohorte der 15
bis 29- Jährigen Männer ist Selbstmord in Deutschland die häufigste
Todesursache.
Weil toxische Männer mit ihren Gefühlen nicht alleine hantieren können, lagern
sie diese Aufgabe meist an andere aus. Vor allem Frauen und femininere Personen
als man selbst werden wie Gefühlsmaschinen benutzt, die ihnen die eigene
Gefühlswelt sortieren und erklären sollen. Das führt dazu, dass es für Frauen
zum Beispiel unter einer erneuten Doppelbelastung leiden, da sie sich um die
Gefühle von Männern kümmern sollen. Toxische Männlichkeit hat darüber hinaus
auch weitere negative Auswirkungen auf die ganze Gesellschaft, da toxische
Vorstellungen von Männlichkeit zur Diskriminierung aller anderer Geschlechter,
z.B. in Form von Misogynie sowie Homo- und Trans*feindlichkeit, führen.
Warum sollten wir uns als Jusos mit Kritischer Männlichkeit auseinandersetzen?
Kritische Männlichkeit hat eine emanzipatorische Perspektive. Durch Kritik
können Herrschaftsansprüche, gesellschaftliche Einengungen und Erwartungen an
Gender in Frage gestellt werden. Dies bildet eine Grundlage für den Kampf um
soziale Gerechtigkeit. Männlichkeit ist auch das, was wir daraus machen. Die
eigene Männlichkeit ist veränderbar, ebenso wie die sozialen, ökonomischen und
politischen Umstände, unter denen alle leiden.
Deshalb fordern die Jusos Erfurt
Innerhalb der Jusos Thüringen
- Eine kritische Auseinandersetzung mit Toxischer Männlichkeit innerhalb des
Verbandes, toxische Strukturen und Verhalten zu benennen und zu bekämpfen
- Einmal im Jahr ein Seminarangebot zum Thema „Kritische Männlichkeit“ zu
veranstalten, um den Umgang mit dem Thema zu erlernen
- Die Arbeit des Awareness-Teams auf dieses Themengebiet auszuweiten
Darüber hinaus fordern die Jusos Thüringen
- Das psychologische Beratungsangebote für Männer in Thüringen zu stärken
und das Angebot auszubauen
- Eine Landeskampagne in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministeriums zum
Thema Männergesundheit zu starten, insbesondere die digitalen
Informationsangebote für Männer zum Thema Männergesundheit und zu
Gesundheitsfragen allgemein müssen ausgebaut werden
- Toxische Männlichkeit muss als Psychologische Störung anerkannt werden
(ähnlich dem Vorbild der American Psychological Association, Vgl.:
https://www.apa.org/about/policy/boys-men-practice-guidelines.pdf)
- Entstigmatisierung von seelischen Erkrankungen, Depressionen und
Psychotherapien in unserer Gesellschaft, denn je weniger seelische
Probleme stigmatisiert werden, umso schneller dürften junge Männer lernen,
sich anderen anzuvertrauen.
Begründung
Begründung erfolgt mündlich.