Veranstaltung: | Landeskonferenz der Jusos Thüringen 2020 |
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Tagesordnungspunkt: | Antragsberatung LaKo |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landeskonferenz Jusos Thüringen |
Beschlossen am: | 17.10.2020 |
Eingereicht: | 16.11.2020, 16:02 |
Antragshistorie: | Version 1 |
B1 Investitionen in Schule, Hort und Lehramt auch während und nach der Krise!
Beschlusstext
Die Jusos Thüringen fordern ein klares Signal der Landespolitik für starke
Investitionen in den gesamten Bildungsbereich Thüringens. Die Corona-Krise ging
an Kitas, Schulen oder Hochschulen keineswegs spurlos vorbei. Die Krise förderte
zwar z.B. den digitalen Fortschritt im Thüringer Bildungsbereich, ließ die
Probleme im selbigen, welche bereits seit Jahren und Jahrzehnten relevant sind,
noch größer erscheinen.
Der Fachkräftemangel beschäftigt Thüringer Schulen bereits seit über 10 Jahren
und Thüringen als Bildungsland muss endlich attraktiver werden. Deshalb fordern
die Jusos Thüringen die Hebung aller Grundschullehrkräfte in die
Besoldungsgruppe A13/E13, sowie die unbefristete Einstellung von Beginn an und
damit die endgültige Abschaffung des Stellenabbaupfades.
Nicht nur Lehrer*innen im Unterricht tragen zur Bildung von Kindern in Grund-
und Gesamtschulen bei. Auch Horterzieher*innen haben hier einen massiven
Einfluss auf die Schüler*innen. Derzeit befinden sich viele Thüringer
Horterzieher:innen in Teilzeitstellen. Darum fordern die Jusos Thüringen die
Anhebung der Beschäftigungsumfänge für Horterzieher*innen auf 100 Prozent.
Auch für die Zukunft des Lehrer*innenberufs muss investiert werden. Schon seit
Jahren muss auf sogenannte Seiteneinsteiger*innen zurückgegriffen werden, um
eine 1 zu 1 Besetzung zu erreichen. Die Jusos Thüringen fordern daher eine
hochwertige Nachqualifizierung von Seiteneinsteiger*innen, die Gleichstellung
der Seiteneinsteiger*innen bei der Einstellung in den Schuldienst, sowie einen
weiteren Ausbau der Lehramtsstudienplätze und Stellen im Vorbereitungsdienst.
Unterrichtsausfall war in den vergangenen Jahren immer wieder Thema. Durch
langzeitkranke oder schlichtweg fehlende Lehrer*innen fielen in Thüringer
Schulen Tausende Stunden oder gar ganze Schulfächer aus. Zur Bewältigung dieses
Problems fordern die Jusos Thüringen die Schaffung einer Vertretungsreserve im
Volumen von mindestens 10% des gesamten Thüringer Lehrkräftebestands.
Begründung
Bildung ist essenziell für jeden von uns. Von der Lehre aus und über die Vergangenheit bis hin zu einer Verpflichtung in die Ausbildung der zukünftigen Generationen. Bildung im politischen Themenbereich ist daher eines der bedeutendsten Fachbereiche und sollte bestmöglich unterstützt werden. Hierzu gehören neben fachlichen Entscheidungen für unsere Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch die Investitionen in die Infrastruktur und in das Bildungspersonal. Während der Corona-Krise litt auch der Bildungsbereich stark und forderte von Lernenden und Lehrenden alles ab. Gerade während und auch nach der Krise benötigt es deshalb Investitionen in den Bildungsbereich. Alte Probleme verschärften sich durch die Krise und neue kamen hinzu.
Der Fachkräftemangel in den allgemein- und berufsbildenden Schulen ist in Thüringen ein altes Thema und er nimmt auch heute immer weiter zu. Besonders problematisch ist die Situation an den Berufs- und an den Regelschulen. Zusätzlich wird der Ersatzbedarf auch an den Grundschulen immer höher. Er steigt dort nach Schätzungen des Thüringer Bildungsministerium bis 2030 auf rund 1.500 Lehrer*innen, in allen Schularten zusammen nach Berechnungen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Thüringen (GEW Thüringen) auf etwa 8.000.
Hintergründe für den großen Ersatzbedarf ist die noch immer steigende Anzahl der Schüler*innen und - vor allem der enorm hohe Altersabgang der Lehrkräfte. So werden im Jahr 2020 900-1000[1]Lehrkräfte den Schuldienst verlassen. Bis zum Ende des Zeitraums im Jahr 2030 werden sich diese Zahlen von Pensionierungen beinahe verdoppeln. Von jetzt bis 2030 werden rund 7.000 – 9.000 Lehrkräfte in Rente und Pension gehen.[2]
Das Land Thüringen hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die personelle Situation an den Schulen zu entspannen: unbefristete Stellen, befristete Stellen, Lehrergewinnungskampagne, Hebung der Regelschul- und Ein-Fach-Lehrer*innen in die A13/E13 und einiges mehr. Die Hebung aller Grundschullehrkräfte in die Besoldungsgruppe A13/E13 war und ist ein Ziel des Thüringer Bildungsministers Helmut Holter. Die Erhöhung könnte somit nicht nur den Grundschullehrer*innen Beruf in Thüringen attraktiver machen, sondern auch für eine simple Gleichstellung des Lehrberufs für alle Schularten bedeuten. Denn auch wenn sich die Arbeit eines*r Grundschullehrer*in inhaltlich zur Regelschule oder des Gymnasiums unterscheidet, so ist sie keine Minderwertigere!
Auch die Entwicklung der Thüringer Ganztagsschule und der Thüringer Grundschulen gewinnt vor den Folgen der Corona-Pandemie an Bedeutung. Um Bildungsnachteile wirkungsvoll ausgleichen zu können, sind die Betreuungs-, Bildungs- und Erziehungsangebote deutlich zu erweitern. Aufgrund dieser immer wichtiger werdenden Aspekte verdienen Horterzieher*innen unseren Respekt. Daher müssen Horterzieher*innen endlich aus ihren prekären Beschäftigungsverhältnissen befreit werden und die Möglichkeit auf Vollbeschäftigung erhalten.
Derzeit befinden sich viele Thüringer Horterzieher*innen in Teilzeitstellen von einem Beschäftigungsumfang von ungefähr 65%. Hiermit verbunden sind häufig Zweit- oder Drittjobs, um über die Runden zu kommen. Ende August 2020 beschloss das Thüringer Kabinett eine Anhebung des Beschäftigungsumfangs auf 80%, was in unseren Augen aber nur einen Schritt in die richtige Richtung bedeuten kann. Auch hier liegen Versprechen des Bildungsministers vor einen Beschäftigungsumfang von 100% und somit Vollzeitstellen zu schaffen. Auch hier darf die Corona-Pandemie kein Grund für Sparmaßnahmen im Bildungsbereich sein!
2020 werden 900-1000 Lehrer*innen in Thüringen in Rente gehen. Stand August 2020 wurden dieses Jahr 817 neue Lehrer*innen eingestellt. Hiervon sind jedoch auch 129 Seiteneinsteiger*innen, welche im zukunftsfähigen Regelbetrieb jedoch nur Notlösungen sein können. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Steigerung der Anzahl der Seiteneinsteiger*innen von ca. 6% auf über 15% der Gesamtneueinstellungen. Seiteneinsteiger*innen sind mittlerweile deswegen ein probates Mittel, da es schlichtweg zu wenig Bewerber*innen in Thüringen gibt. Unter Bewerber*innen sind jedoch nicht alle Lehramtsstudierende zu verstehen, sondern diejenigen, welche sich nach ihrem Studium auch entscheiden in Thüringen ihren Dienst zu beginnen.
Die Abkehr von befristeten Lehrstellen hin zu dauerhaft unbefristeten Stellen, eine hochwertige Ausbildung von Seiteneinsteiger*innen, sowie den weiteren Ausbau der Lehramtsstudienplätze und Stellen im Vorbereitungsdienst, kann nur die logische Konsequenz sein. Hinzu kommt die Forderung der Gleichstellung der Seiteneinsteiger*innen in den Schuldienst. Voraussetzung an die zukünftigen Lehrer*innen ist nämlich ein Abschluss von Universitäten oder gleichgestellten Hochschulen. Abschlüsse von Fachschulen, Meister*innen-Abschlüsse oder Absolvent*innen mit einer gleichwertigen
Ausbildung werden entweder nicht anerkannt oder führen später nicht zu Gleichstellung mit Seiteneinsteiger*innen mit Universitätsabschluss. Es kommt aber nun mal nicht nur auf die Art des Abschlusses an, sondern auch auf die allgemeine Eignung der Person für den Schuldienst.[3]
Das Land Thüringen gibt sich seit einigen Jahren das Ziel der 1 zu 1 Besetzung, das heißt, dass eine ausscheidende Lehrkraft durch eine neue ersetzt wird. Im Vergleich zur Einstellungspolitik der vorherigen CDU-Regierungen ist dies eine Besserung, jedoch noch nicht optimal. Noch immer gibt es in Thüringen (auch vor der Krise) flächendeckenden Unterrichtsausfall in Thüringen durch fehlende Lehrer*innen. Neben den bereits oben beschriebenen Mitteln zur Verbesserung der Einstellung neuer Lehrer*innen, wäre die sogenannte Vertretungsreserve[4]ebenfalls ein Mittel gegen den Unterrichtsausfall. Die Jusos Thüringen sollten sich hier den Forderungen der GEW Thüringen anschließen und eine Reserve in Höhe von 10% des Lehrkräftebestands fordern. Aktuell arbeiten in Thüringen circa 17.000 Lehrer*innen, was eine Vertretungsreserve von 1.700 Lehrer*innen bedeuten würde.
Dieser umfangreiche Katalog von Forderungen an Investitionen für das Thüringer Bildungspersonal wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Hinzu müssten jedoch auch Investitionen in die Infrastruktur (Gebäudesanierung, Ausstattung, IT-Bereich) kommen, um Thüringer Schulen zukunftssicher zu gestalten. Ziel der Forderungen dieses Antrags soll nicht die Besserstellung Thüringens als Bildungsland gegenüber anderen Bundesländern sein. Potenzielle Leherer*innen aus anderen Bundesländern abzuwerben kann und darf nicht das Ziel sein! Ziel dieses Antrags ist deshalb die Steigerung der Attraktivität des Lehrberufs in Thüringen an sich! Die Corona-Krise darf kein Hinderungsgrund für Sparmaßnahmen aus dem Finanzministerium sein. Der Bildungsbereich sollte einer der letzten Punkte für Einsparungen sein, um zukünftigen Generationen eine möglichst gute Bildung zu ermöglichen.
[1]Aus Pressekonferenz mit Helmut Holter zum Schuljahresbeginn 2020/21 vom 28.08.2020
[2]Zahlen und Schätzungen stammen von Hochrechnungen der GEW Thüringen
[3]Informationen zur Einstellung von Seiteneinsteiger*innen in den Schuldienst https://bildung.thueringen.de/lehrkraefte/seiteneinsteiger/
[4]Lehrer*innen in der Vertretungsreserve arbeiten nicht durchgehend an einer Schule, sondern verpflichten sich innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens dafür, bei Unterrichtsausfall an verschiedenen Schulen eingesetzt zu werden.