| Veranstaltung: | Landesausschuss 2024 | 
|---|---|
| Antragsteller*in: | Jusos Nordhausen | 
| Status: | Geprüft | 
| Eingereicht: | 10.09.2024, 12:22 | 
A3: Gemeinnützigkeit den Gemeinnützigen, nicht der Wohlstandslobby
Antragstext
In Sachen Gemeinnützigkeit wird in der Bundesrepublik offensichtlich mit 
zweierlei Maß gemessen. Während progressiven, linken Organisationen wie den 
Vereinen Attac oder Campact die Gemeinnützigkeit aberkannt wurde, bleibt sie bei 
neoliberalen und konservativen Lobbyvereinen wie dem Bund der Steuerzahler 
(BdSt) bislang unangetastet. Begründet wurde die Aberkennung der 
Gemeinnützigkeit von Attac durch das Finanzamt Frankfurt damit, dass sich Attac 
„zu politisch“ engagiere. Demnach müsse ein Verein, der die allgemeine Förderung 
des demokratischen Staatswesens oder die politische Bildung als Zweck verfolgt, 
laut Attac-Urteil stets objektiv, neutral und geistig offen agieren, ohne zu 
versuchen, politischen Einfluss im Sinne eigener Auffassungen zu nehmen. Diese 
sehr enge Auslegung der Rechtsvorschriften bestätigte der Bundesfinanzhof 2021 
in der letzten Instanz.
Der Bund der Steuerzahler ist dagegen mit mehrfacher Bestätigung verbrieft 
gemeinnützig. Daran gibt es jedoch berechtigte Zweifel. Selbst bezeichnet sich 
der Verein als “Finanzgewissen der Nation”. Dabei generiert er mit 
populistischen Forderungen und Kampagnen für einen schlanken Staat, einer harten 
Schuldenbremse und häufig spekulativen Behauptungen über öffentliche Ausgaben, 
die vermeintlich im Interesse des Großteils der Bevölkerung wären, große mediale 
Präsenz. Offensichtlich verstößt der BdSt ebenso gegen das Gebot des Verzichts 
auf „Beeinflussung der politischen Willensbildung im Sinne eigener Auffassungen“ 
– wie ein Rechtsgutachten feststellt. Vielmehr überschritten die einseitigen 
Lösungsvorschläge und die konkreten Umsetzungsforderungen an die Politik, die 
einzig getragen von Partikularinteressen Vermögender und der 
Unternehmer:innenschaft sind, diese ausgegebene Linie. Diese Zweiklassen-
Gesellschaft lehnen wir entschieden ab. In einem ersten Schritt muss daher dem 
Wohlstandslobbyverein BdSt die Gemeinnützigkeit aberkannt werden.
Das löst jedoch das grundlegende Problem nicht. Demokratie braucht das 
Engagement von Organisationen und Vereinen, die auch politisch für ihre Zwecke 
auftreten und Forderungen aufstellen können. Das ist aber durch die enge 
Auslegung des Gemeinnützigkeitsrechts nicht ohne Probleme möglich. Folglich 
führen die aktuellen Regeln zu einer weiteren Entpolitisierung der 
Zivilgesellschaft, die wir für brandgefährlich halten. Wir schließen uns aus 
diesem Grund den Forderungen der Allianz “Rechtssicherheit für politische 
Willensbildung” an. Dieses Bündnis setzt sich für eine Novellierung des 
Gemeinnützigkeitsrechtes in der Bundesrepublik ein. Es braucht eine Novellierung 
der Abgabenordnung und des dazugehörigen Anwendungserlasses, damit wichtige 
zivilgesellschaftliche Akteure wie Attac und Campact wieder als gemeinnützig 
eingestuft werden können. Konkret unterstützen wir dabei folgende Forderungen:
- Die Liste gemeinnütziger Zwecke gem. § 52 II AO muss um die Förderung der 
 Menschen- und Grundrechte, des Friedens, der sozialen Gerechtigkeit und
 der informationellen Selbstbestimmung ergänzt werden.
- Es braucht eine Klarstellung, dass zur Zweckverfolgung auch die 
 überwiegende Einwirkung auf die politische Willensbildung und die
 öffentliche Meinung sowie politische Akteure gehört. Dies sollte in einem
 neuen § 52 III AO geregelt werden. Diese Ergänzung hilft sowohl den
 Organisationen als auch den Finanzbehörden und beseitigt Unklarheiten.
- Zudem sollten in § 52 II Nr. 24 (“allgemeine Förderung des demokratischen 
 Staatswesens”) die Zusätze “im Geltungsbereich dieses Gesetzes” und “die
 auf den kommunalpolitischen Bereich” gestrichen werden. Stattdessen ist
 eine Ausformulierung notwendig, nach der demokratische Teilhabe und
 insbesondere politische Bildung unter den Zweck fallen, jedoch keine
 umfassende Unterstützung einzelner Parteien und Wahlgemeinschaften
 erfolgen darf. Durch eine solche Änderung könnten sich gemeinnützige
 Organisation auch auf kommunaler und EU-Ebene engagieren und sogar
 internationale Initiativen unterstützen.
Begründung
Gemeinnützigkeit ist ein großes gesellschaftliches Gut. Wortwörtlich besagt sie, dass eine Organisation oder ein Akteur der Allgemeinheit dient und ihr einen Mehrwert erbringt. Aus diesem Grund wird die Gemeinnützigkeit in der Bundesrepublik mit Steuerprivilegien begünstigt. Gemäß § 51 i.V.m. § 52 I Abgabenordnung (AO) kann die Gemeinnützigkeit einer Körperschaft anerkannt werden, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.
Vorteile sind insbesondere die Steuerbefreiung oder Steuerbegünstigung. Zudem können gemeinnützige Vereine Spendenbescheinigungen ausstellen, die den steuerlichen Abzug von Spenden an den Verein ermöglichen – das kann als großer Anreiz für potentielle Spender:innen gewertet werden. Nicht zuletzt bildet die Gemeinnützigkeit vielmals die Voraussetzungen, um diverse staatliche Zuschüsse und Fördermittel bekommen zu können.
Unterstützer*innen
Änderungsanträge
- Ä1 (Jusos Nordhausen, Eingereicht)

Kommentare