Veranstaltung: | Landesausschuss 2020 |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Antragsberatung der übrigen LaKo Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesausschuss Jusos Thüringen |
Beschlossen am: | 15.11.2020 |
Eingereicht: | 24.11.2020, 13:51 |
Antragshistorie: | Version 1 |
F5 Gerechte Frauenhausfinanzierung nachhaltig sichern!
Beschlusstext
Die Jusos Thüringen fordern, dass die Finanzierung von Frauenhäusern im
Freistaat lückenlos und nachhaltig gesichert wird. Die Istanbul-Konvention muss
auch in Thüringen konsequent umgesetzt werden, um Opfern angemessenen Schutz
entgegenzubringen.
Weiterhin darf die Leistungsberechtigung nach dem SGB kein Kriterium mehr zur
Unterbringung in Frauenhäusern und -schutzeinrichtungen sein. Personen unterhalb
der Armutsgrenze sind in einer Sonderfallregelung zu berücksichtigen, ebenso
darf eine Unterbringung nicht abhängig sein von Lebensphase, Aufenthaltsstatus
oder Herkunft.
Innerhalb der Projektfinanzierung der Thüringer Frauenhausförderung müssen die
Personal- und Sachkosten verpflichtend gewährleistet werden, ohne dass sie in
Haushaltsdebatten regelmäßig zur Verhandlung stehen. Wir fordern außerdem, dass
Männerschutzeinrichtungen und Häuser mit nichtbinärem Ansatz in die Thüringer
Frauenhausverordnung aufgenommen werden.
Begründung
Noch immer sind häusliche und sexualisierte Gewalt oft ein Tabu, in der Gesellschaft wie im Privaten. Physische Gewalt, Erniedrigung, Isolation und Bedrohung sind höchst schambesetzte Felder, aber keine Einzelfälle. Die Hürden für Betroffene und gegebenenfalls ihre Kinder, aus diesen toxischen oder sogar lebensbedrohlichen Strukturen auszubrechen, müssen so gering wie nur möglich sein.
Die Zahlen für Thüringen machen deutlich, wie wichtig Frauenhäuser und -schutzeinrichtungen sind. Im Jahr 2019 wurden im Freistaat laut Kriminalstatistik 2940 Fälle häuslicher Gewalt verzeichnet; davon betrafen 2323 Mädchen und Frauen. Laut Istanbul-Konvention sind 290 Plätze innerhalb Thüringens verpflichtend gefordert, zur Verfügung stehen momentan allerdings nur 141. Dieser Missstand spiegelt sich auch in den tatsächlichen Aufnahmen wider: während im letzten Jahr 323 Frauen mit 352 Kindern einen Platz in einer Einrichtung bekamen, wurden über 100 Frauen abgewiesen. Das ist entwürdigend und zeigt, wie viel noch zu tun ist, um wirklich niedrigschwelligen Zugang zu Hilfsangeboten zu sichern.
Das Hilfesystem ist schlichtweg ungenügend ausgebaut, chronisch unterfinanziert, und die Hürden für einen Platz sind zu hoch. Zu stark unterliegen die Frauenhäuser kommunalpolitischen Launen, wodurch Planungssicherheit fehlt und die verfügbaren Plätze nicht erweitert werden können. Es kann nicht sein, dass das Recht auf Unversehrtheit hier nur freiwillig gewährleistet wird, wenn das Geld nicht zufällig gerade für andere Dinge gebraucht wird.
Eine nachhaltig gesicherte und gerechte Finanzierung von Frauenhäusern trägt dazu bei, das System wirklich für alle Betroffenen zu einem Ort der Zuflucht zu machen und sorgt für Geschlechtergerechtigkeit auch im Rahmen von geschlechtsspezifischer Gewalt.